: Rhythmussklaven
■ Senatsrockwettbewerb: Fenchel, Taegk und Cosmic Trigger im Loft
Großartig anfangen, großartig abstürzen« schien das unfreiwillige Motto von zwei der drei Combos zu sein, die bei der vierten Veranstaltung des Senatsrockwettbewerbs 1991 am Donnerstag mit synthetisch erzeugter Musik aufspielten.
Bei teuren Getränken — 0,2 l Wasser für 4 Deutschmark — schien es wie beim Auftritt von Herrn Blum in der Vorwoche, als habe die auf den Markt geworfene Samplertechnik nun auch den musikalischen Nachwuchs erreicht.
So zeigte sich Wolfgang Fenchel, Vorsteher des gleichnamigen (Wohnzimmer)-Projekts, inmitten seiner elektronischen Schätze auf der Bühne. Hinter dem Tasteninstrumententurm fand der scheue Bassist bequem Platz, um gemeinsam mit einem Trommler menschgemachte Einsprengsel auf die weithin aus der Dose abgerufenen Songs zu kleckern.
Kaum störend, daß die Gruppe sich nicht recht entscheiden konnte zwischen synthielastigem Pop mit flottem Sequencer im Stil der frühen Human League und sphärischem Hörstück mit Zitaten von Industrial Music zu den Aborigines und zurück.
Wenn nur der Gesang nicht gewesen wäre, mit dem der Chef die mitunter anmutigen, mit Dia- und einer kurzen Filmprojektion verschönten Klangeindrücke hartnäckigkeit störte. Wolfgang Fenchel krähte gepresst, wie gern er Cabaret Voltaire mag: »Sex and terror / try and error«, wobei zumindest beim ersten Live-Auftritt Error überwog.
Taegk, die zweite Band der Vollmondnacht, verhob sich gar nicht erst am Gesang. Zwei Perkussionisten trommelten, was Pads und Felle hergaben, während eine Sampler-Operatorin den jungen Männern allerlei Klänge von Diskette auf die Instrumente lud. Nach etwas schwerfälligem Rums-Bums mit martialischem Donnerhall und Marschrhythmus hatten Armin Köhrer und Andreas Roth, deren Oberkörper bald telegen vor Schweiß glänzten, sich freigespielt.
Mit und gegen vorgefertigte und nur abgespielte Grundtracks animierten Taegk (sprich: Tek) das zahlreicher als in der Vorwoche erschienene Publikum zum Tanzen. So klang der Technohit James Brown is dead an, obwohl dessen synthetische Gemeinheit mit Menschenhand nicht erreichbar schien. »Der GROOVE«, heißt es in Versalien im Infoblatt der Band, »ist das Herzstück von Taegk«. Ständig wechselnde Klänge, abgelöst von ebenfalls durch Drum-Pads gesteuerten schwebenden Samplerlärm machten den Auftritt von Taegk — nicht nur wegen des Sympathievorsprungs von Tanz- gegenüber anderer Musik — erfreulich, obwohl wie bei Fenchel manchmal das live Gespielte gegen die Automaten nicht ankam.
Das Leerspielen des Saals war schließlich die undankbare Aufgabe des Quartetts Cosmic Trigger. Grundlegendes kam auch hier aus der Maschine, wobei der Zuständige sich hinter einem Alukoffer verschanzte und das Publikum so im dunklen über die Art der Klangerzeugung ließ.
Erkennbar war nur ein Analog- Synthesizer, der fröhlich zum beinhart funkigen Bass zwitscherte, den ein Soulbrother mit Schirmmütze bediente. Frontmann Mike Vamp, an der Kappe ebenfalls als Brother erkennbar, spielte erst ein wenig Gitarre, um dann nuschelnd zum Gesangsvortrag überzugehen. Einzig Matthias Moormann an den synthetischen Trommeln war da Mensch, wie er den Fabriksounds der Rhythmusmaschine schmückendes Beiwerk zufügte, wobei ihn der Mixer offenbar übersah.
Cosmic Trigger, die sich — glaubt man Roland Galenza — nur des Rockwettbewerbs wegen neu formiert haben, langweilten noch bis Mitternacht mit Trockeneisnebel und düsterem Geprökel aus dem Korg MS 20, zackig in der Manier von Liaisons Dangerouses — nur schlechter und ein Jahrzehnt später. Stefan Gerhard
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