Mir fehlt wirkliches Interesse-betr.: "Back to the Seventies", Kommentar von Dieter Rulff, taz vom 6.11.91

betr.: »Back to the Seventies«, Kommentar von Dieter Rulff, taz vom 6.11.91

Mit großem Interesse und Ingrim habe ich den Kommentar zum Berufsverbot für eine PDS-Richterin gelesen. Ich bin sehr d'accord, daß die Gesinnung kein Kriterium für ein Richteramt darstellen sollte, wenn sie sich in demokratischen Bahnen bewegt. Am meisten erstaunt mich aber die Frage nach den ehemaligen CDU-Mitgliedern und ihren »furchtbaren Richtern«. Wer die Verhältnisse hier- und einstzulande kennt, der weiß, daß Richter im wesentlichen Mitglieder der SED waren. Der Gag an der Sache ist, daß der Präsident des Obersten Gerichtes lange Zeit Dr.Heinrich Toeplitz, stellvertretender CDU-Vorsitzender war. Dies war eine der üblichen »symbolischen« Machtzuteilungen an eine Blockpartei. Und selbst von ihm ging die Rede, daß er im Auftrag der Genossen in die CDU eintreten mußte. An kleineren Gerichten konnte man Blockparteimitglieder mit der Lupe suchen. Das hat vielleicht die Blockflöten davor bewahrt, auch auf diesem Terrain ihr »furchtbares Werk« zu tun.

Dies alles ist vielleicht unerheblich, aber der Kommentar enthüllt einmal mehr, wie wenig von westlicher Seite Interesse daran besteht, zu erfahren, wie es wirklich war. Eher ist die Vergangenheit heute der Lehm, mit dem man sich gegenseitig bewirft. Mir fehlt wirkliches Interesse an den damaligen Verhältnissen, und ich erlebe immer wieder eine Oberflächlichkeit, die alles Gewesene instrumentalisiert für heutige Machtspielchen. Macht Euch mal auf den Weg und erforscht die Vergangenheit unter einem wirklich anteilnehmenden Aspekt. Magdalene Geisler, aufgehörte Blockflöte, im Zustand der Aufarbeitung, 1071 Berlin