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Das Naherholungskunstwerk

■ Ein Denkmal, jetzt ausgezeichnet: der Bürgerpark / Ausstellung Am Brill

Wo Bürger weiden: Ein Kupferstich von 1822

Wo machen BremerInnen ihren sonntäglichen Waldspaziergang? Im Bürgerpark. Nun ist der Bürgerpark, das schönste Stück Natur weit und breit, weder ein Wald, noch im eigentlichen Sinne Natur. Der vor 125 Jahren entstandene Landschaftsgarten ist ein von seinem Schöpfer Wilhelm

hierhin bitte die

Zeichnung von der

Parklandschaft mit

Vieh

Benque bis ins kleinste Detail durchgeplantes Kunstwerk. Der Bürgerparkverein, der es bis heute erhalten hat, bekam dafür in diesem Monat den Deutschen Denkmalschutzpreis, die silberne Halbkugel.

Das Gelände des Bürgerparks war früher die Bürgerweide, auf der die Bremer ihr Vieh weiden ließen. Im 19. Jahrhundert wurde die Viehweide überflüssig. Man erzählt sich, daß die Idee zur Bewaldung der Bürgerweide beim Zweiten Deutschen Bundesschießen 1865 geboren wurde. Bei dem Volksfest, an dem Besucher aus aller Welt teilnahmen, bot kein schattiges Plätzchen Schutz vor der sengenden Sonne.

Für die damals 85.000 BremerInnen gab es nur die Wallanlagen und sonst kein Entrinnen aus dem Stadtmief. Und wohlhabende Bremer BürgerInnen fanden, daß ein repräsentativer Landschaftsgarten ihrer Stadt gut zu Gesicht stünde.

Bereits 1866 waren 170 Arbeiter mit den Anpflanzungen beschäftigt, ein Jahr später war der Boden für das Bassin ausgehoben. Bis 1870 waren 280.000 Bäume gepflanzt.

Nun machen wir uns heute keine Vorstellung davon, wie der Park mit zarten, frisch angepflanzten Bäumchen und frisch ausgebuddelten Wasserläufen aussah. Um den BürgerInnen schon mal einen Vorgeschmack auf ihr zukünftiges Ausflugsziel zu geben, stellte der Bürgerparkverein 1875 „Zukunftsbilder aus dem Bürgerpark“ im Schaufenster einer Buchhandlung an der Obernstraße aus. Die Bleistiftzeichnungen von J. G. Walthe — das können wir heute beurteilen — sind sehr genau getroffen. Sie sind zu sehen in einer Ausstellung des Bürgerparkvereins, die in der Sparkassenhalle am Brill durch Geschichte und Gegenwart eines

Damals, 1865, als beim Bundesschießen die Sonne sengte...

sehr lebendigen Denkmals führt.

Walthes Zukunftsbilder waren eine der unzähligen Werbemaßnahmen des Vereins, der von Beginn an bis heute den Park im wesentlichen aus privaten Spenden finanziert. Zu den Großspendern gehört auch die Sparkasse. Nicht selten hat jemand seinen gesamten Nachlaß dem Bürgerparkverein vermacht. Auch Haussammlungen, Veranstaltungen, die sogenannten Neujahrsspenden und die Bürgerpark-Tombola füllten die Kassen. Die Tombola spielt heute fast ein Drittel des Bürgerparkbudgets ein: Da kommen zur Zeit an Kosten rund 3,5 Millionen Mark im Jahr zusammen. Zwei Millionen davon fließen auf die Gehaltskonten der 40 bis 45 ständigen MitarbeiterInnen.

Was wir auf unserem erholsamen Sonntagsspaziergang nicht ahnen, ist, wieviel Arbeit in der Pflege der Pflanzen, Wege und Wasserläufe und in der Instandhaltung der teilweise sehr alten Gebäude, Bänke und Brücken steckt. WissenschaftlerInnen beobachten den ökologischen Zustand des Parks.

Wer keine Zeit hat, beim Sparkassenbesuch die Ausstellungstexte zu lesen, findet eine Fülle von spannendem historischen Bildmaterial und aktuelle Fotos (von Thorsten Krüger). Herbstlaub, knorrige Baumstümpfe und Büsche schaffen die passende Herbstatmosphäre. Beate Ramm

Bis zum 3.1.1992

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