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Togos Militärs sprechen von einem Putscherfolg

Berlin/Lomé (taz/afp/dpa) — Ist die junge Demokratie in Togo nun vom Militär weggeputscht worden oder nicht? Völlige Unklarheit herrschte gestern über die Machtverhältnisse im dem erst vor drei Monaten demokratisierten westafrikanischen Staat. Nachdem rebellierende Militärs am Mittwoch eine Radiostation besetzt hatten, erklärte gestern früh ein über Hörfunk verlesenes Militärkommuniqué die Interimsregierung von Kokoh Koffigoh für abgesetzt. Der „Hohe Rat der Republik“, das Ende August von der togolesischen Nationalkonferenz zur Abwicklung der Militärdiktatur eingesetzte höchste Staatsorgan, sei aufgelöst. Die Putschisten verurteilten „das Benehmen der Gangster und Hooligans der Übergangsregierung und vom Hohen Rat der Republik“. Eine neue Regierung müsse gebildet werden, an der „sämtliche Parteien beteiligt sein sollen“ — also auch die am Dienstag verbotene ehemalige Staatspartei RPT. Der noch amtierende, formell weitgehend entmachtete Staatspräsident Gnassingbe Eyadema solle einen neuen Premierminister ernennen. Allerdings könnte es „nützlich“ sein, wenn dies wieder Koffigoh wäre.

Durch das Zentrum der Hauptstadt Lomé fuhren gestern früh Panzer und umstellten das Regierungsgebäude. Mitglieder der Koffigoh- treuen Volksmiliz „Ekpemog“ hinderten die Putschisten jedoch am Eindringen. In den Straßen schoß das Militär tagsüber auf demonstrierende Putschgegner, mindestens zwölf Menschen wurden getötet. Die wahre Zahl könnte weit höher liegen: Die deutsche Botschaft in Lomé spricht von „vielen“ Todesopfern.

Interimspremier Koffigoh hält sich selbst keineswegs für abgesetzt. Gegenüber Radiostationen behauptete er, die Mehrheit des Militärs stünde hinter ihm. Er stehe im Kontakt mit Eyadema und hoffe auf eine friedliche Beilegung der Krise.

Tatsächlich ist unklar, wer nun eigentlich geputscht hat. Die Beziehungen zwischen der Militärführung und Koffigoh sind hochgradig gespannt. Während Bassabi Bonfoh, Generalstabschef der 12.000 Mann starken Armee, sich mit der neuen Regierung arrangiert hat, sind die Anführer mehrerer Eliteeinheiten ihr weniger wohlgesonnen. So wird Narcisse Yoma Djoua, Anführer der in Lomé stationierten „Schnellen Eingreiftruppe“ — als „Schwarze Barette“ bekannt — schwerer Menschenrechtsverletzungen bezichtigt. Die „Roten Barette“ der schwerbewaffneten Präsidialgarde unterstehen Eyademas Halbbruder Donou Toi Gnassingbe, der in den letzten Wochen eifrig Putschvorbereitungen unternommen haben soll. Beide Kommandanten haben ein Interesse daran, gegen die Interimsregierung aktiv zu werden — diese plant nämlich, die Präsidialgarde aufzulösen und Prozesse gegen Folterer im Militär zu führen. D.J.

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