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Jäger des Bernstein-Schatzes

Der Doyen der Bernsteinzimmer- Jäger, der russische Baron Eduard von Falz-Fein schenkt allen neuen Hinweisen über den Verbleib des seit 1945 verschollenen Bernsteinzimmers wenig Glauben. Seiner Meinung nach ist es bei der Zerstörung des Königsberger Schlosses verbrannt.

Der in Vaduz (Liechtenstein) lebende 80jährige gilt als Doyen unter den Jägern des Bernsteinschatzes und ist in den letzten Jahrzehnten Hunderten von Hinweisen über das Schicksal des Zimmers nachgegangen. „Ich bin bisher auf keine Anhaltspunkte gestoßen, daß dieses kunsthistorisch unschätzbare Werk den Zweiten Weltkrieg überdauert haben könnte und versteckt worden wäre“, sagt der Baron, der auch die jüngsten Spekulationen mit großer Aufmerksamkeit verfolgt hat. So erkundigte er sich am 23. November in der Nähe von Stuttgart am Rande einer Ausstellung über das Porzellan der Zarenfamilie eingehend bei der Ehefrau Boris Jelzins über dessen Äußerungen zum Bernsteinzimmer. „Es kann sich nur um eine Ente handeln“, folgert Falz-Fein und meint, der russische Präsident habe offensichtlich eine voreilige Meldung des Oberkommandierenden der Westgruppe der sowjetischen Streitkräfte kolportiert. Jelzin hatte bei seinem Deutschlandbesuch öffentlich erklärt, er wisse, daß sich das Bernsteinzimmer auf deutschem Boden befinde.

Falz-Fein hat sich in den letzten Tagen auch mit dem Leipziger Historiker Wolfgang Schneider getroffen. Dieser will Dokumente gefunden haben, wonach der Königsberger Gauleiter Erich Koch das Bernsteinzimmer seiner privaten Kunstsammlung einverleibt, es vor dem Einmarsch der Sowjets nach Weimar geschafft und dort eingebunkert hatte. Diesen Angaben zufolge soll das Bernsteinzimmer heute noch dort liegen, in einem Bunker, zehn Meter tief im Boden vergraben. Schneider sei sicher ein sehr seriöser Mann, meint Falz- Fein zu dieser Version. Dennoch seien große Zweifel angebracht. Nach Überzeugung des Barons ist das Bernsteinzimmer nämlich bei der Zerstörung des Schlosses von Königsberg verbrannt.

Falz-Feins Beziehung zum Bernsteinzimmer geht auf seine Kindheit zurück. Im Alter von vier Jahren habe er das einzigartige Kunstwerk dank der Beziehungen seines Großvaters selber besichtigen können, berichtet der Baron. Über seine Jagd nach dem Bernsteinzimmer sind inzwischen Bücher geschrieben und ein Fernsehfilm gedreht worden. Auch einen der wichtigsten deutschen Fahnder nach dem verschollenen Schatz, den aus Ostpreußen stammenden Georg Stein, hat der Baron lebhaft unterstützt. Falz-Fein gründete auch einen Verein für die Suche nach verschollenen russischen Kulturgütern. Zu den Vereinsmitgliedern gehörte unter anderen der 1990 verstorbene Schriftsteller Georges Simenon. Doch selbst der Maigret-Autor brachte Falz-Feins Suche nach dem Bernsteinzimmer nicht weiter. Harry Rosenbaum/ap

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