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Das Maxwell-Imperium ist am Ende 400 Privatfirmen werden verkauft

Konkursverwalter erwarten, daß die Erlöse die Schulden von vier Milliarden D-Mark nicht decken  ■ Von Ralf Sotscheck

Robert Maxwells Imperium ist am Ende. Am Donnerstag, genau einen Monat nach dem Tod des britischen Medienzaren, beauftragten seine Söhne Kevin und Ian die Wirtschaftsprüfer Anderson & Co. mit der Konkursverwaltung der über 400 Privatfirmen, die sofort zum Verkauf angeboten wurden.

Doch die potentiellen Käufer stehen keineswegs Schlange. Die Unternehmen haben mehr als 1,4 Milliarden Pfund (ca. vier Milliarden DM) Schulden angehäuft; 800 Millionen Pfund schulden sie den Banken, 600 weitere den beiden mehrheitlich Maxwell gehörenden Aktiengesellschaften MCC und MGN. Das genaue Ausmaß des Schadens ist noch längst nicht bekannt, da Maxwell ein verwirrendes Netz von Kapitalanlagegesellschaften mit steuerfreiem Auslandssitz, wohltätigen Stiftungen und allen möglichen Steuertricks aufgebaut hatte.

Das war den Banken und Investoren zwar bekannt, doch die Enthüllungen, daß zwischen Maxwells Privatunternehmen und den Aktiengesellschaften, die er kontrollierte, keine klare Trennung bestand, hat die Londoner Geschäftswelt in helle Aufregung versetzt. Am Mittwoch wurde bekannt, daß Maxwell mindestens hundert Millionen Pfund von den Konten der Mirror Group Newspapers (MGN) und 250 Millionen von Maxwell Communication Corporation (MCC) in seine Privatfirmen gepumpt hat. Außerdem hatte er in den vergangenen Monaten die Pensionskassen beider Aktiengesellschaften um 350 Millionen Pfund erleichtert. Das Betrugsdezernat nahm am Mittwoch die Ermittlungen auf.

Die Pensionskassen wurden von der Firma Bishopsgate Investment Management (BIM) kontrolliert, der Maxwell vorstand. Doch ohne die Unterschrift von mindestens zwei BIM-Aufsichtsratsmitgliedern hätte Robert Maxwell die Kassen nicht plündern können. So machte er offenbar seine Söhne Kevin und Ian zu Komplizen in dem Skandal: Beide saßen im BIM-Aufsichtsrat und mußten inzwischen die Chefsessel der Aktiengesellschaften räumen.

Trotz der verschwundenen Millionen ist MGN, an dem Maxwell 51 Prozent der Aktien besitzt, das finanziell gesündeste Unternehmen des Imperiums. Die Wirtschaftsprüfer haben diese Aktien gestern zum Verkauf angeboten. MGN gibt unter anderem den 'Daily Mirror‘ heraus, Großbritanniens zweitgrößtes Boulevardblatt. Die Zeitung steht der Labour Party nahe, die alle Anstrengungen unternimmt, sich von den skandalösen Vorgängen zu distanzieren. Allerdings versucht Lord Williams, der für die Partei im Oberhaus sitzt, ein Konsortium zu gründen, das die Aktien übernehmen soll, um die Labour-freundliche Berichterstattung so kurz vor den britischen Parlamentswahlen weiterhin sicherzustellen. Auch dem italienischen Medienzaren Silvio Berlusconi wird Interesse an MGN nachgesagt.

Das einzige Unternehmen, das von der Maxwell-Pleite profitieren könnte, ist die Aktiengesellschaft MCC, an der Maxwell 68 Prozent besaß. Das Unternehmen ist zwar seinerseits ebenfalls mit 1,4 Milliarden Pfund verschuldet, mit dem Schuldendienst bisher jedoch nicht in Verzug geraten. Da der Aktienwert in diesem Jahr stetig gefallen ist, bleibt den Gläubigerbanken zunächst nichts anderes übrig, als auf den Aktien zu sitzen. Ein Panikverkauf würde ihnen hohe Verluste bescheren.

Doch der Zusammenbruch des Maxwell-Imperiums wird zu den seit Jahrzehnten größten Veränderungen der Medienlandschaft führen. Maxwells Lieblingsprojekt, die hochdefizitäte europäische Wochenzeitung 'The European‘, muß wohl ihr Erscheinen einstellen. Herausgeber John Bryant gab zu, daß die „gestrige Ausgabe die letzte gewesen“ sein könnte. Der 'Independent‘ wird ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen. Zwar besaß Maxwell nur sechs Prozent der Aktien, doch da das Blatt in tiefen finanziellen Schwierigkeiten steckt, erhöht sich durch den Verkauf der Anteile die Gefahr einer Übernahme durch einen anderen Verlag. Unklar ist noch, was mit Maxwells Zeitungen in Ungarn, Kenia und Israel geschehen wird. Während Gruner+Jahr Maxwells Anteil von 50 Prozent am Berliner Verlag (u.a. 'Wochenpost‘, 'Berliner Zeitung‘) übernehmen will — dafür sind etwa 40 Millionen DM nötig —, mußte die 'New York Daily News‘ am Donnerstag abend Konkurs anmelden. Dieses Schicksal wird vermutlich auch dem traditionsreichen Zweitliga-Fußballverein Oxford United, dessen Eigentümer und Vorsitzender Maxwell war, nicht erspart bleiben.

Insgesamt schätzen die Maxwell- Konkursverwalter, daß die Erlöse aus den Verkäufen auch nicht annähernd die Verbindlichkeiten der Maxwell-Familie decken können. Ein Genossenschaftsmodell zur Rettung des Zeitungsimperiums steht derzeit nicht zur Debatte.

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