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PRESS-SCHLAGWilli will's wieder wissen

■ Mit Axel Nawrocki als Chef der Olympia GmbH hat sich NOK-Boß Willi Daume seinen Einfluß gesichert

Wo ein Willi ist, ist auch ein Geschäftsführer, der spuren muß: Mit Axel Nawrocki hat sich der eigensinnige NOK-Chef Willi Daume endlich einen Olympia GmbH-Leiter von seinen Gnaden an Land gezogen. Direkt schwer war es nach dem unrühmlichen Abgang von Ex-Chef und Fotomodell Lutz Grüttke nicht, denn unprofilierten Angestellten der Berliner Treuhandanstalt durchzusetzen — ein Beamten des Wiesbadener Landesrechnungshofes war einziger Gegenkandidat für den Schleudersitzposten. Daume: „Der wirkte total nervös, so einen konnten wir nicht nehmen.“

Dem 78jährigen Sportdespoten Willi Daume etwas recht zu machen, ist schwer. Lutz Grüttke, der mit Schimpf, Schande und Vorwürfen der Selbstbereicherung aus Berlin gejagt wurde, war ihm zu selbständig, zu eigenmächtig. Grüttke (in einem Interview mit Josef-Otto Freudenreich von der 'Stuttgarter Zeitung‘): „Er wollte nicht akzeptieren, daß ich mein Amt wie ein Vorstandsvorsitzender eines Unternehmens geführt habe. Ich habe ihm zuviel und zu schnell entschieden, und das beunruhigt einen Mann wie Daume. (...) Er wollte klarmachen, wo das Machtzentrum liegt: Bei ihm und sonst nirgendwo.“

Daß der neue Mann zuviel zu schnell tut, ist eher unwahrscheinlich: Nach seiner Wahl in der Aufsichtsratsitzung am Donnerstag ist der Treuhand-Manager ist erst einmal auf Tauchstation gegangen. Still und heimlich verdrückte sich der künftige Olympia-Macher durch den Hinterausgang — kein Statement, keine Presseerklärung, nichts. Ob er erst Daume treffen wollte, bevor er den Mund aufmacht?

Auch am Freitag war Nawrocki an seinem Arbeitsplatz nicht zu erreichen. Die von der Situation völlig überraschte Treuhand-Pressestelle mutmaßte: „Er ist verreist. Vielleicht hat er sich auch nur zurückgezogen, um in Ruhe über seine künftigen Aufgaben nachzudenken.“ Tatsächlich braucht er echte Ideen, das denkbar schlechte Image der Berliner Olympia-Bewerbung in der Bevölkerung und bei potentiellen Sponsoren wieder aufzumöbeln. Eine Aufgabe, die er entgegen letzten Planungen doch alleine bewältigen soll: Der Vorschlag von einem Team aus zwei Geschäftsführern — einer für innen und einer für außen — ist vom Tisch.

Willi Daume schätzt offenbar die unscheinbare Art des als seriös und zuverlässig geltenden Nawrocki: „Die GmbH braucht nicht den großen Boß, der in der Welt herumtourt, sondern einen soliden Arbeiter. Die repräsentativen Aufgaben muß schon der Regierende Bürgermeister selbst übernehmen.“ Wofür dieser im wiederum dankbar sein wird, liebt er als Politiker das Profilieren über alles — ein genialer Doppelpaß Daume- Diepgen.

Doch schon werden Zweifel laut ob Nawrockis Kompetenz: Der 47jährige hat keinen Schimmer von Sport und Sportpolitik. Reiten tut er zwar viel, und Tennis begeistert den früheren Referenten des jetzigen sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf. Das war's.

So wird er schon deshalb den engen Kontakt mit Daume suchen und finden müssen. Der NOK-Chef hingegen begründet die Wahl gewohnt gerissen: „Wir mußten auf Nummer sicher gehen und einen aussuchen, der nicht leichtfertig Steuergelder verklingelt“, sagte Daume — ein hinterlistiger Seitenhieb auf Grüttke, der unverantwortlich und in rekordverdächtiger Zeit den Etat verpraßt hatte.

Grüttke jedoch warnt vor Daume, in dem er einen „Instabilitätsfaktor“ für die Aufgabe Olympia ausgemacht hat. Aber es sei, so zitiert er geschickt IOC-Mitglied Thomas Bach, eben generell das Problem im Sport, kompetente Sportfunktionäre zu finden, die sich ihren guten Ruf nicht zerreiben lassen wollen. Vieleicht, so philosophiert Grüttke, läge ja hierin die Lösung: „In vielen Unternehmen gibt es das vernünftige Prinzip, daß Führungskräfte mit 60 ausscheiden müssen.“ Doch haben wir's wieder: Manager Grüttke hat immer noch nicht begriffen, daß Sport kein Unternehmen ist. miß

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