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„Mein Minister hat mich geschickt“

■ Bremer Jura-Professor weilt nebst Gattin als Regierungsberater in Namibia

Was tut ein Bremer Jura-Professor, wenn das afrikanische Kolonialland unabhängig wird, für das er Jahre lang von Bremen aus Solidaritätsarbeit gemanagt hat? Keine Frage: Der Professor läßt sich für einige Jahre in dem afrikanischen Land nieder und betätigt sich in der Hauptstadt als Regierungsberater. So letztens geschehen mit Prof. Dr. Manfred O. Hinz, in Bremen Leiter des „Namibia-Projekts“, seit acht Monaten beim Justizminister im unabhängigen Namibia — als Regierungsberater. Beurlaubt und bezahlt vom Bremer Senat. Wobei Ähnliches auch gilt für Hinz' langjährige Lebensgefährtin, Dr. Helgard Patemann, die ihren Sachverstand dem namibischen Erziehungsministerium zur Verfügung stellt — als „Sonder-Beraterin“ des Erziehungsministers.

Gestern nutzte Prof. Manfred O. Hinz einen Silvesterurlaub in der nordeutschen Heimat, der Presse seine neue Tätigkeit zu erläutern: „Ich leite unter dem namibischen Justizsenator ein Projekt, daß mit der Rechtsreform beschäftigt ist.“ Es gelte vordringlich, das von Südafrika ererbte rassistische Rechtssystem so zu ändern, daß es dem Sinn der neuen, demokratischen Verfassung Namibias entspreche. In Namibia gebe es zudem nur verschwindend wenige amtierende Richter. Zwar seien im Exil eine Reihe von NamiberInnen zu JuristInnen ausgebildet worden, doch hätten diese „Schwierigkeiten im

namibischen Rechtskreis“. Daher sei es nötig, so der Bremer Professor, eine Ausbildungsinsti

tution zu schaffen, die Fortbildungsprogramme für namibische JuristInnen durchführen könne. Seine eigenen Schwierigkeiten mit dem „namibischen Rechtskreis“ beschrieb der Bremer Professor auf Nachfrage dann so: Sein Minister („Mein Minister“) habe ihn beauftragt, schnellstens ein Gesetz zu erarbeiten, daß die Befugnisse der traditionellen namibischen „Chiefs“ in der Gerichtsbarkeit neu regele: „Ich habe im Ovamboland eine Erhebung gemacht und mir Berater mitgenommen. Vier Stunden dauerte die Sitzung, 30 Ovambos haben der Reihe nach ihre Meinung gesagt. Ich habe mir das übersetzen lassen und vor allem zugehört und mitgeschrieben.“ Noch immer gebe es die Mentalität, „der Weiße, der kommt, der weiß es auch besser.“ Daneben habe er aber auch eine gesunde „Skepsis gegenüber allem, was von außen kommt“ registriert, ein durchaus angebrachtes Mißtrauen gegenüber ausländischen Experten: „Da kommt schon wieder einer, den hatten wir doch schon neulich.“ Er versuche diesem Mißtrauen zu begegnen, in dem er immer betone: „Mein Minister hat mich geschickt.“ Da er unter Zeitdruck stehe, könne er sich zudem gar nicht so tief in die kulturellen Feinheiten Namibias einarbeiten, „wie es vielleicht wünschenswert wäre“. B.D.

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