INTERVIEW: „Gesetze reichen nicht“
■ Der schwedische Staat will Leibwächter finanzieren, die Frauen vor ihren gewalttätigen Männern schützen sollen
Bei der Vorstellung des Staatsbudgets für das kommende Haushaltsjahr gab Schwedens Finanzministerin Anne Wibble vergangenen Freitag einen neuen Haushaltsposten bekannt: zehn Millionen Kronen (cirka 2,8 Millionen DM) für Kosten von Leibwächtern für von ihren Ehemännern oder Partnern bedrohte Frauen. — Cecilia Örnfeld ist Vorstandsmitglied des „Alla Kvinnors Hus“ (Frauenhaus) in Stockholm. Hier finden pro Jahr etwa 1.500 Frauen zeitweisen Schutz.
taz: Haben Sie keine Bedenken, wenn der Staat jetzt Leibwächter spielt, um bedrohte Frauen zu schützen?
Cecilia Örnfeld: Nein, im Gegenteil. Es ist ein Ausdruck dafür, daß die Öffentlichkeit endlich das Problem der von ihren Ehemännern oder Partnern ernsthaft bedrohten Frauen mit dem notwendigen Ernst sieht. Etwas, wofür die Notruf- und Frauenhaus-Frauen jahrelang gekämpft haben. Die zehn Millionen sind eine richtige und gute Initiative.
Du könntest aus Deiner Erfahrung sofort Frauen vorschlagen, die die von der Regierung zur Bereitstellung von Haushaltsmitteln vorgesehenen Bedingungen erfüllen?
Ja. Es gibt eher zu viele. Es ist fast alltäglich, daß Frauen, die bei uns Zuflucht gesucht haben, von ihren Männern aufgelauert, bedroht, zusammengeschlagen, vergewaltigt werden.
Seit 1989 kann ein Gericht bei vorausgegangenen Mißhandlungen einem Mann verbieten, Kontakt mit der Frau aufzunehmen und für den Fall eines Verstoßes dagegen eine Geld- oder Haftstrafe verhängen. Reicht dieses Gesetz denn nicht aus?
Nein. Das haben die zwei Jahre Erfahrung mit dem Kontaktsperregesetz gezeigt. Die bloße Drohung einer Bestrafung hält bestimmte Männer von gar nichts ab. Hier hilft wirklich nur ein direkter, hautnaher Schutz.
Wie weit werden zehn Millionen denn reichen?
Ich fürchte, nicht weit. Ein Leibwächter dürfte pro Tag zwischen 500 und 1.000 Kronen kosten. Viele Frauen müßten wohl mehrere Monate täglich geschützt werden. Unter dem Strich reicht das Geld dann vielleicht nur für 20 Frauen pro Jahr. Was zunächst aber zumindest einen Anfang bedeuten würde und die Möglichkeit, Erfahrungen zu sammeln. Das Gespräch führte
Reinhard Wolff
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