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Bremer Gabelstapler nach Murmansk

■ Ein Hoffnungsschimmer für den Osthandel

Das Volumen des Handels mit der ehemaligen Sowjetunion geht zurück. Die Staatsbank ist mit den Zinsen im Westen im Verzug. Da ist es schon eine Seltenheit, wenn deutsche Firmen Geschäfte in Rußland machen.

Die Bremer Firma Willenbrock verkauft 50 speziell ausgerüstete Gabelstapler nach Murmansk im Norden Rußlands. Auftragsvolumen: 1,9 Millionen Mark. Die Stapler werden in dem russischen Hafen zur Entladung der Fischtrawler eingesetzt. Dort werden sie dringend gebraucht: Von den 200 Staplern aus dem bulgarischen Werk, das den gesamten Ostblock beliefert hat, arbeite maximal ein Drittel — und die seien bestenfalls auf dem technischen Stand der späten 60er Jahre.

Der Osthandel hat sich mittlerweile verändert. Mußten früher sämtliche Geschäftskontakte mit dem Moskauer Außenhandelsministerium abgewickelt werden, können die Firmen jetzt direkt verhandeln. „Geschäftsfreunde haben mich ungläubig gefragt, wie ich denn an das Geld komme“, sagt Hermann Richter, geschäftsführender Gesellschafter der Firma Willenbrock. Das wisse doch jeder, daß die dort pleite sind. Richter kann dies nicht bestätigen: Nach zähen und langwierigen Verhandlungen bezahlte die russische Hafengesellschaft ein Drittel der Kaufsumme — und zwar schon bei Vertragsabschluß im November.

Insgesamt halten sich westliche Firmen im Osthandel zurück, aber überall dort, wo Ost-Unternehmen im Besitz von Devisen sind, entbrennt ein beinharter Wettbewerb. Richter: „Die Japaner haben uns vorgemacht, wie man neue Märkte erobert. Da wird mit Kampfpreisen operiert.“ Willenbrock hat sich mit Rabatten von 20 Prozent und weitgehenden Service-und Garantiezusagen gegen starke internationale Konkurrenz durchsetzen können. Schon winkt ein weiteres Geschäft mit der Murmansker Hafengesellschaft — über 1,2 Millionen Mark.

Die Bremer wollen mit ihrem Beispiel andere Unternehmen ermuntern, jetzt nach Geschäftskontakten in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion zu suchen. Die Bundesregierung ist dabei allerdings wenig hilfreich. Vor dem Auseinanderbrechen des Imperiums wurden noch großzügig Kredite an das alte Zentrum vergeben. Nun entstehen neue Strukturen — und Bonn hält sich mit unterstützenden Hermeskrediten für das Ostgeschäft sehr zurück. Richter: „Dort haben wir gar nicht erst angefragt.“

J.G.

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