: Schlingelwalzer-Schlingel
■ Die schwedische Gruppe „Burträskar'a“ im Scandic Crown-Hotel zu Bremen
Das ungewöhnliche Ambiente verlangte einführende Worte vom Sprecher der Bremer Folk-Initiative. Sehr kurzfristig nur habe man die schwedische Gruppe „Burträskar'a“ verpflichten können, lange habe man nach einem Veranstaltungsort gesucht, beim Scandic-Hotel sei man schließlich fündig geworden. Danksagung war da wohl angemessen, an die Stadtwerke, weil sie den Musikern den Flug bezahlt hatten, an die Leute von Radio Bremen, weil sie mitschnitten, und an den schwedischen Generalkonsul Arne Lunquist, weil er anwesend war.
Überraschend für alle offenbar die Resonanz: Lange mußten freundliche Bedienstete zusätzliche Stühle in den noblen Saal „Stockholm“ schleppen, bis dann alle Platz fanden. Man ließ sich auch nicht lumpen: In der Pause, zwischen Konzert- und Tanzteil, gab's im Foyer des Hotels gegen Aufpreis Schwedenhäppchen und Schwedentrank, stilvoll dem illustren Publikum angemessen. Da es eine Werbeveranstaltung war, in der viele Hände sich gegenseitig wuschen, was machte das schon?
„Burträskar'a“ entpuppte sich als anspruchsvolle und zudem recht witzige Truppe. In betont holpriger Mischung aus Englisch, Deutsch und Schwedisch stellten sie ihre Region Västerbotten und die vorwiegend dort entstandenen Lieder vor, geistreich und anschaulich, etwas breitgetreten allerdings. Zuhause spielen sie gemeinhin zu acht, im Scandic waren sie aufs Quintett reduziert. Kernstück ist ein kompetent aufspielendes Geigentrio, die Gründungsmitglieder Thomas Andersson, Jan Burmann und Nils-Olaf Lindberg. Unterstützt werden sie von Akkordeonspieler Roman Teddestedt und dem Kontrabassisten Svante Lindroth. Die Polka und der Takte verschleppende „Springvals“, von Roman Teddestedt augenzwinkernd als „Schlingelwalzer“ übersetzt, sind ihre Domäne. Leichthändig arrangiert, mit teils virtuosen dreistimmigen Violinparts, vom Baß sanft fordernd auf Trab gebracht. Zwischendurch singt man, zu selten, denn der volltönende Bariton aus fünf Kehlen kann sich hören lassen. Jeder bekommt Raum zur Selbstdarstellung, und jeder verläßt dann konsequent den traditionellen Rahmen hin zu experimentellen Spielereien. Mit dem Bremer Komponisten Serge Weber hat man die Musik zu einem Ballett eingespielt, die Vorstellung klingt etwas schräg, aber am Schluß, als die Mundharmonika das bis dahin kaum wahrnehmbare Akkordeon ersetzt, wird die Gangart eh etwas forscher. Noch vor der Pause, wohl weil der anschließende Tanzteil nicht jedermanns Sache war, forderte der Saal die Zugabe. Nachzuhören ist das Konzert übrigens an einem der kommenden Sonntage, auf der Hansawelle in der Sendung „Radiola“.
Rainer Köster
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen