: Schicki im Schlamm
■ Der Berliner Mike Kluge wurde überraschend Weltmeister im Rad-Cross der Professionals
„Ich bin sehr gut drauf“, verblüffte Mike Kluge die Journalisten vor dem Weltmeisterschafts-Cross in Leeds. Die Kenner der Szene waren ehrlich verblüfft. Normalerweise nämlich war Kluge pünktlich zur Vergabe der WM-Plaketten krank geworden. Diesmal blieb er gesund und konnte sich schmerzlos und kurz auf die Profi-WM vorbereiten. „Ich habe diesmal alles anders gemacht“, erklärt der 29jährige Berliner seinen Saisonaufbau. Erst im Dezember '91 begann Kluge mit konzentriertem Querfeldein-Training.
Sechs Testrennen, die Deutsche Meisterschaft und ein Trainingscamp im Schwarzwald bei Freiburg reichten dem Amateur- Champs von 1985 bis '87 zum Besteigen des Profi-Throns. „Ich habe mir diesen Weltmeistertitel so sehr gewünscht“, beteuerte Mike Kluge gegenüber seinen Kritikern.
„Sunnyboy des Radsports“, wurde er genannt, und „Rad-Yuppie“ und „Schicki-Micki-Typ“ auch. Dabei sind seine flotten Sprüche längst langsamer geworden, Kluge wurde klüger, hat eigene Trainingsformen entwickelt und seine Technik beim „Mountainbiken“ verbessert. Wo der Straßenspezialist Adri van der Poel ins
Schlingern kam, steuerte Kluge sein Rad zielsicher durch den Schlamm des Leedser Roundhay Parks. „Ich hoffe auf einen Überraschungseffekt“, spekulierte das ehemalige „Zehlendorfer Eichhörnchen“ mit den Rätseln seiner Gegner. Weltmeister Simmek (CSFR/5.), Altmeister Bom (Schweiz/6.) und der fünffache Vize-Weltmeister van der Poel (Holland/3.) kapitulierten letztlich auch vor ihrer eigenen Verwunderung. Mit Mike Kluge hatten sie nicht gerechnet.
„Ich möchte durch den Sport eine gewisse Popularität erlangen“, erklärte der neue Cross-Champ schon vor Jahren. Nun ist die Zeit gekommen, populär zu werden. „Er könnte der Querfeldein-Szene neuen Schwung geben“, hofft Ex- Weltmeister Klaus-Peter Thaler. „dafür müßte Kluge aber öfter aufs geländetaugliche Rennrad steigen.“ „Dabei ist doch der Dreck nicht so mein Genre“, zweifelt der Überraschungs-Weltmeister selbst. Ole Richards
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