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Privatdetektiv im 21. Jahrhundert

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Es hat viele Bemühungen gegeben, den klassischen amerikanischen Kriminalroman mit moderner Science-fiction zu paaren. Die meisten Versuche gingen in die Hose, ein paar sind jedoch heute selbst Klassiker, wie zum Beispiel Philip K. Dicks Buch Träumen Roboter von elektrischen Schafen? aus dem Ridley Scott seinen faszinierenden Blade Runner machte.

Ein Autor, dem das gleiche Schicksal zu wünschen ist, ist George Alec Effinger. In Das Ende der Schwere (When Gravity Fails) stellt er seinen Helden vor. Marid Audran ist Privatdetektiv im Bordellbezirk einer nordafrikanischen Stadt im 21. Jahrhundert. „Ich wurde im Jahre 1550 geboren — das entspricht dem Jahr 2172 im Kalender der Ungläubigen. Etwa dreißig oder vierzig Jahre vor meiner Geburt waren Kommunismus und Demokratie sanft entschlafen. Todesursache: Erschöpfte Ressourcen, überhandnehmende Hungersnöte und Armut.“

Der letzte Schrei in Audrans Welt ist es, sich sein Gehirn verdrahten zu lassen. Die ausgefeilte Elektronik hat die Künste der Huren perfektioniert: Das entsprechende Moddy in die Schläfenbuchse gesteckt, und schon werden Charakteristika direkt ins Gehirn gespielt: Die Liebesdienerin wird zu Madame Bovary oder zum gerade gefeierten Pop-Star. Doch es gibt auch Schwarzmarkt-Moddys von Jack the Ripper und anderen ähnlich netten Figuren der Weltgeschichte. Marid Audran hat die Schädelimplantate immer abgelehnt. Doch als ein Killer mit einem James-Bond-Moddy auftaucht und als eine Freundin des Schnüfflers auf bestialische Weise ermordert wird, entschließt sich auch Audran, sein Gehirn durch ein Interface aufmotzen zu lassen.

Die Dinger sind allerdings extrem kostspielig. Also tritt Audran leichtfertig in die Dienste von Friedlander Bei, dem reichsten und gerissensten Gauner der Stadt. Als Dank bekommt er von dem Mobster das Feinste, was die Persönlichkeitsdesigner zu bieten haben in seinen Kopf gepflanzt. Der Privatdetektiv kann jetzt nicht nur jede Persönlichkeit annehmen, sondern auch seine hypothalamischen Funktionen kontrollieren. Er kann Müdigkeit, Angst, Hunger und Durst ausblenden und seine Wahrnehmung verschärfen. So ausgerüstet, macht er sich auf die Jagd nach dem Killer. Sein neuer Chef hat jedoch eine Sicherheit in Audrans Gehirn einbauen lassen — Friedlander Bei hat unmittelbaren Zugang zu Marid Audrans Schmerzzentrum.

Im zweiten Band Ein Feuer in der Sonne bekommt Audrans Boß Ärger mit Abu Adil, einem anderen Gangster, der eine Menge Fäden der Stadt in der Hand hält. Der Detektiv wird ins Gefecht geschickt.

(Heyne Taschenbücher)

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