piwik no script img

Ende eines Wunders

■ alle aus dem Europapokal ausgeschieden / Angriffe auf Sponsor Brüggemann

Aus. Vorbei. Einfach so. Auf dem Handballfeld. Die Frauen des TuS Walle gewannen zwar am Donnerstag abend das Rückspiel im Europapokal der Landesmeister gegen Gießen-Lützellinden knapp mit 20:19, scheiden aber nach der 16:20 Hinspiel- Schlappe aus dem Europapokal aus. Das Wunder von Walle: Es wirkt nicht mehr.

Es war wie der Geist Hamlets. Zehn Tage nach der Entlassung des ungarischen Erfolgstrainers Lazlo Kovacs rissen die Waller Frauen die Latte, die Sponsor Brüggemann für sie auf die Europapokal-Marke gelegt hatte. Brüggemann war es, der im Vorfeld der Begegnung ein Handball- Spiel zum Handball-Krieg erklärt hatte. Der den Gießener Trainer Jürgen Gerlach als „affektierten Affen“ und „Psychopaten“ bezeichnet hatte. Brüggemann, der sich für viel Geld eine private Puppenstube gekauft und als Handball-Team eigekleidet hatte, dieser Brüggemann war nach der Niederlage nicht mehr zu sehen und gestern nicht zu erreichen.

Dabei hätte er sich viel Nützliches anhören können. Wie sein ehemaliger Trainer Hans-Herbert Ludolf zum beispiel öffentlich erklärte, daß der Sponsor die Frauen zu sehr unter Erfolgsdruck gesetzt habe. „Wir haben das Spiel im Kopf verloren, bevor es angepfiffen wurde“, erklärte Ludolf nach dem Spiel der Presse.

Nach siebzehn Spielminuten hatten die Waller Frauen die begehrte fünf-Tore Differenz gegen die Gießener herausgeschossen, dann aber brach das Team total zusammen. Der Angriff erlahmte, die Abwehr wurde löcherig wie ein Schweizer Käse: Bis zur Halbzeit war Gießen auf 9:8 herangekommen.

Vor 1.800 Zuschauern in der Halle am Hohweg vollzog sich dann in der ersten viertelstunde der zweiten Halbzeit das Desaster. Lützellinden punktete, Walle nahm es wehrlos hin. Sponsor Brüggemann schrie von wechselnden Tribünenplätzen seine Kommandos aufs Feld, Ludolf schrei seine Kommandos aufs Feld, Krowicki schrie auch, aber keine Kommandos. Die Wallerinnen wußten nicht mehr vorwärts und rückwärts, irrten verstört zur Auswechselbank und dann wieder ins Feld: Selbst die Spielerinnen-Wechsel paßten nicht mehr.

„Ich bin hier Trainer, ich bin nicht derjenige, der den Willen des Sponsors weiterträgt“, erklärte Krowicki nach dem Spiel, aber es wollte ihm nicht so recht gelingen, die Journalisten zu überzeugen. „Trainingsrückstand“ habe sein Team gehabt, aber da mußte er sich doch auslachen lassen, weil Walle das einzige vollprofessionelle Frauenhandball-Team hat.

Alles wartet jetzt auf eine Reaktion des Sponsors. Wird er sein Geld aus der Mannschaft zurückziehen? Hans_Herbert Ludolf erklärte lakonisch: „Eine zweite Chance auf den Europa-Pokal werden wir nicht bekommen.“ mad

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen