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Israel spricht von militärischem Erfolg

Nach Rückzug aus Libanon geht das Raketenfeuer auf Nordisrael jedoch weiter/ Regierung fordert Libanon und Syrien zur Beendigung des Hisbollah-„Terrors“ auf/ Sorge vor Eskalation wie 1982  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Der militärische Einmarsch Israels in den Südlibanon ist gestern morgen beendet worden. Die Panzer- und Fallschirmjägereinheit, die am Mittwoch in die schiitischen Dörfer Kafra und Jater nördlich der von Israel beherrschten „Sicherheitszone“ vorgedrungen war, zog sich Freitag mittag wieder nach Israel zurück. Armeekommandant Jizchak Mordechai sagte, man habe in den Dörfern Jater und Kafra zahlreiche „Terroristen“ und ihre Verstecke „liquidiert“, Häuser in die Luft gesprengt und Autokolonnen in südlicher Richtung von Hubschraubern aus unter Feuer genommen. Palästinenser hätten sich an den Zusammenstößen der letzten Woche nicht beteilgt.

Zwei israelische Opfer forderte die Aktion: Ein Hauptmann und ein Unteroffizier sind gefallen, drei weitere Soldaten wurden verwundet. Außerdem wurden vier Soldaten der UNO-Truppe „Unifil“ schwer verletzt. Die Zahl der libanesischen Opfer ist nicht bekannt, aber nach libanesischen Angaben handelte es sich dabei nicht nur um Mitglieder der Hisbollah — der schiitischen Miliz, der der Angriff gegolten hatte.

Obgleich das israelische Militär erklärte, daß alle Aufgaben der Militäroperation erfolgreich erfült wurden, gab es auch gestern wieder einen Raketenangriff gegen ein Ziel im Norden Israels, bei dem ein fünfjähriges Mädchen ums Leben kam. Am Donnerstag waren sechs Katjuscha- Raketen auf Nordisrael und die „Sicherheitszone“ abgefeuert worden; weitere waren in der Nacht zum Freitag gefolgt. Das Katjuscha-Feuer kam nicht aus den schiitischen Dörfern Südlibanons, sondern aus der Gegend der Stadt Nabatijeh.

Wie Israel auf den jüngsten Raketenbeschuß reagieren wird, ist noch offen. Mordechai hatte im Laufe des Einmarsches im Südlibanon erklärt, dieser solle vor allem als Signal dienen, um die „Terroristen“ vor den Folgen einer fortgesetzten Gefährdung israelischer Menschenleben zu warnen. Bei weiteren Raketenbeschüssen, hatte er erklärt, sei eine Wiederholung solcher oder ähnlicher Operationen nicht ausgeschlossen. Regierungssprecher machen derweil die Regierungen Libanons und Syrien sowie die „Unifil“-Truppen für den „Terror“ der Hisbollah verantwortlich. Im Gebiet unter UNO-Kontrolle hätten sich Hisbollah und andere „Terroristen“ Angriffsbasen gegen Israel geschaffen. Wenn Beirut und Damaskus den „Terror“ nicht abstellten, werde Israel „entsprechend reagieren“. So ist nicht ausgeschlossen, daß die Lage nicht mehr kontrollierbar bleibt und den Nahost-Friedensprozeß zum Entgleisen bringt.

Militärexperten weisen jedoch darauf hin, daß es keine militärische Möglichkeit gibt, Raketenabschüsse auf Israel zu verhindern. Die Katjuscha-Raketen sind mobil und lassen sich auf Autos transportieren. Ein Vorgänger Mordechais als Kommandant der Nordfront, Reservegeneral „Janosch“ Bengal, erklärte gestern in einem Rundfunkinterview, es gebe keine militärische Lösung des Guerilla-Problems im Süden Libanons. Nur eine politische Lösung könne den „Teufelskreis“ beenden.

Die Zeitung 'Hadashot‘ zieht bereits Vergleiche mit 1982, als der Mord an einem israelischen Diplomaten in London als Vorwand für die israelische Invasion Libanons diente: „In zehn Jahren wird man uns wieder denselben Mist erzählen: Daß der Krieg begann, weil Katjuschas auf den israelischen Norden fielen. Keiner wird sich daran erinnern, daß die Katjuschas als Reaktion auf den Hubschrauberangriff auf Musawis Autokolonne abgefeuert wurden, und daß dieser Angriff wohl dazu dienen sollte, das Versagen der israelischen Truppen [beim Mord an drei Soldaten in einem zentralisraelischen Miltärlager, AW] zu übertünchen.“

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