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Nur Abteilungsleiter hüpfte noch

■ 2.000 BankerInnen probten den Aufstand: Erster Streik seit 1945

Vertrauensleutekörper stolz wie OskarFoto: Heller

“Wir sind überwältigt.“ HBV- Sekretär Klaus Busch und Hartmut Frensel von der DAG standen schweißgebadet aber glücklich auf der Bühne des Konsul-Hackfeld-Hauses und dampften vor Stolz und guter Laune. „Daß es so viele werden, die ihr Herz über den Fluß schmeißen und dann hinterher springen, damit haben wir nicht gerechnet“. Busch war die Erleichterung anzusehen, daß es geklappt hatte, die doch eher konservativen Bankangestellten für einen Arbeitskampf zu mobilisieren.

Der Saal war viel zu klein, die streikenden Angestellten aus den Hauptstellen von 11 Bremer Banken zu fassen. Die Versammlung

gestern morgen war das Ziel einer machtvollen Demonstration von etwa 2000 streikenden Bankern. „Das ist wirklich erstaunlich“, meinte auch der Bremer DGB Vorsitzende Siegfried Schmidt. „Mindestens die Hälfte müssen Unorganisierte sein.“

Bestreikt wurden gestern nur die Hauptstellen der Banken rund um den Domshof und einiger kleinerer Institute. „Natürlich wird immer wieder gefragt, warum die Sparkasse nicht dabei ist“, sagt Klaus Busch. „Aber wir verschießen doch nicht schon ganz am Anfang unser ganzes Pulver.“ Und Hartmut Frensel assistierte unter donnerndem Beifall: „Wenn sich die Arbeitgeber jetzt immer noch nicht bewegen, dann werden sich die Kollegen von der Sparkasse und den Filialen der anderen Banken in Bewegung setzen. Das war erst der Anfang.“

Unterdessen bekamen allerdings allein die Kunden der BfG die Folgen des ersten Bremer Bankenstreiks der Nachkriegsgeschichte direkt zu spüren. Dort war neben einigen anderen Abteilungen auch die Kassenhalle dicht. Bei den anderen Instituten waren die Schalter in der Kassenhallen zwar dünner besetzt, der Kundenbetrieb ging aber nach Auskunft einiger Angestellter, die sich nicht an dem Ausstand beteiligt hatten, „ohne größere Probleme“ weiter. Hinter den Kulissen knirschte es allerdings doch. Der Betriebsrat der Ibero-Amerika-Bank: „Beim internationalen Zahlungsverkehr hüpft nur noch der Abteilungsleiter rum. Der wird es wohl heute alleine nicht schaffen.“

Seit 7 Uhr waren vor den Banken die Streikposten aufgezogen. Zu größeren Auseinandersetzungen kam es dabei nicht. „Wer zur Arbeit gehen wollte, der konnte das auch“, meinte eine Angestellte der Commerzbank-Zentrale.

Ob es in der kommenden Woche zu weiteren Arbeitskampfmaßnahmen kommen wird, hängt nun vom Verhalten der Arbeitgeber ab. Klaus Busch: „Bislang gibt es da keine neuen Signale.“ Einen Nebeneffekt hatte der gestrige Streik schon jetzt. Nach langen Jahren zum Teil erbitterter Konkurrenz arbeiten nun HBV und DAG Hand in Hand. Klaus Busch in seiner Rede: „Wir haben endlich das gemacht, was alle Kollegen wollten, und die Zusammenarbeit klappt prima. Manchmal müssen Gewerkschaftsfunktionäre eben getreten werden.“ Und dafür gab es an diesem Morgen von den Streikenden den meisten Beifall.

Jochen Grabler

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