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Vorgesehen als Underdog

■ Bruce Willis als „The Last Boy Scout“

Der Mann sieht aus wie etwas, das nur eine Mutter lieben kann. Wie eine alte Klobürste liegt er in seiner Rostlaube, irgendwo am versifften Straßenrand in einem amerikanischen Ghetto. Ein paar Kids werfen eine tote Ratte zu ihm hinein — Abfall zu Abfall. Früher hat der Penner für die Regierung gejobbt; er durfte Jimmy Carter einmal das Leben retten, was ihn natürlich auch nicht sympathischer macht. Heute versucht er sich als Privatdetektiv und ernährt sich von Whiskey. Seine Frau betrügt ihn mit seinem besten Freund, seine Teenage-Tochter hat nichts als Verachtung für ihn übrig. Eine Paraderolle für Bruce Willis als Ekelpaket Joe Hallenbeck.

Tony Scott hätte seinen Actionstreifen The Last Boy Scout genauso gut Lethal Weapon IV oder Stirb langsam III nennen können — die Geschichte ist die gleiche: Ein Weißer und ein Schwarzer, die Good Guys, kämpfen eineinhalb Stunden lang gegen einen finsteren Haufen Bad Guys. Die Good Guys gewinnen. Längst hat Hollywood das Thema des gemischtrassigen Duos zu Tode geritten. Aber da sich niemand mehr traut, selbst im Genre Action, etwas Neues zu versuchen, machen dieselben Leute immer dieselben Filme — solange wie sie noch einen akzeptablen Profit abwerfen. The Last Boy Scout wurde produziert von Joel Silver (Lethal Weapon I,II,III und Stirb langsam I und II), Idee und Drehbuch entwarf Shane Black (Lethal Weapon I und II).

Regisseur Tony Scott ist schon vorher unangenehm durch seine krude Gewaltverherrlichung aufgefallen (Top Gun), wird aber auch jetzt nicht müde, sich auf Sam Peckinpah zu berufen. Doch von Peckinpah ist Tony Scott genauso weit entfernt wie von seinem Bruder Ridley Scott. Was der gebürtige Brite und Ex- Werbefilmer voll verinnerlicht hat, sind die Sehgewohnheiten der MTV- Generation. Sein Film ist nichts anderes als eine Aneinanderreihung von Video-Clips und/oder Reklamespots — nur die Firmeneinblendungen fehlen. Das ganze Ding wird in kleinen Happen präsentiert, Höhepunkt ist jedesmal ein explodierendes Auto, eine Schießerei, eine Verfolgungsjagd oder ein besonders scheußlicher Mord. Damit läßt sich ein Fernsehabend füllen, aber kein Spielfilm erzählen.

Kann man The Last Boy Scout also vergessen, unter „ferner liefen“ ablegen? Nein, kann man nicht. Denn der Hauptdarsteller heißt Bruce Willis. Ein guter Schauspieler war Willis nie. Einst ließ er sich sogar (in Blind Date) von Kim Basinger an die Wand spielen, und das will schon etwas heißen. Aber Willis, Spitzname: Bruno, hat eine unglaubliche Leinwandpräsenz, dieses herrliche schiefe Grinsen und jede Menge Erfahrungen im Saufen und Prügeln. Das prädestiniert ihn geradezu für die Rolle des Underdogs. Für die Darstellung — und nur für die — des schmuddeligen Bullen gibt es zur Zeit keinen besseren als Dirty Bruno. Willis ist und bleibt der Schimanski für Erwachsene. Karl Wegmann

Tony Scott: The Last Boy Scout , mit Bruce Willis, Damon Wayans, Danielle Harris u.a., USA 1991, 105 Min.

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