: Nützliche GUS-Atomiker
■ Hilfsprogramm für arbeitslose Atomwissenschaftler der GUS nimmt Gestalt an/ Exportförderung für West-Atomindustrie
Brüssel (taz) — „Ihr sollet Schwerter zu Pflugscharen machen!“ Das Gebot von Prophet Jesaja wird nun endlich, so EG-Kommissar Frans Andriessen, zu Ehren kommen — zumindest in den GUS-Staaten. Um zu verhindern, daß deren rund 3.000 arbeitslose Nuklearexperten den Verlockungen von Möchtegern- Atommächten erliegen und abwandern, wollen die USA, die EG, Japan und Kanada der GUS helfen, ein „Internationales Zentrum für Wissenschaft und Technologie“ einzurichten. Zunächst wird es nur ein WTZ in Moskau geben, später sollen weitere in den anderen GUS-Staaten folgen. Ende März soll das Abkommen zu dem gigantischen Arbeitsbeschaffungsprogramm unterzeichnet werden. Im Juni, so prophezeite US-Außenminister James Baker bei der Vorstellung des Projekts in Brüssel, könnte das WTZ dann schon erste Projekte auswählen und finanzieren. Die westlichen Staaten müßten mindestens 100 Millionen Dollar pro Jahr aufbringen, forderte der russische Außenminister Andrej Kosyrew. Schließlich sollen sich die Wissenschaftler dem Abbau nuklearer Sprengköpfe, der Säuberung atomar verwüsteter Landstriche und der Sicherung der existierenden Atomkraftwerke widmen. Bislang fehlen allerdings noch fast 40 Millionen. Die USA und die EG haben jeweils 25 Millionen Dollar zugesagt, Japan bietet zehn und Kanada eine Million Dollar. Neben dem WTZ finanziert die EG schon jetzt mit 106 Millionen DM „Maßnahmen zur Förderung der nuklearen Sicherheit“. Weitere Projekte im Bereich der Atomenergie (264 Millionen DM) sind als förderungswürdig eingestuft, obwohl der durchaus atomfreundliche Hauptgeschäftsführer der Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke (VDEW), Joachim Grawe, die 16 GUS-Reaktoren des Tschernobyl- Typs „wegen grundlegender Konzeptschwächen für kaum nachrüstbar“ hält. Die Euro-Grüne Hiltrud Breyer konstatiert: „Die GUS-Hilfe der EG im Energiebereich ist zum größten Teil eine unverblümte Exportförderung für die westeuropäische Atomindustrie.“ Michael Bullard
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