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5.500 Banker im Streik

■ 18 Institute betroffen, einige Filialen dicht / Weitere Streiks erst nach Ostern geplant

Zwei Conferenciers im Streiktheater: Klaus Busch (HBV) und Hartmut Frensel (DAG) Foto: Sebastian Otto

„Wie, der Müller auch? Warum streikt der denn? Hat der zu wenig Geld?“ Als gestern morgen der Demonstrationszug der Bremer Bankangestellten an der Commerzbank vorbeimarschierte, staunten einigen KollegInnen in der Schalterhalle nicht schlecht: Kaum jemand hatte mit einer derart überwältigenden Beteiligung gerechnet. 5.500 Bremer Banker waren nach Angaben der Gewerkschaften gestern allein in den Bremer Instituten im Streik. Hartmut Frensel, Bezirksleiter der DAG gestern bei der Streikversammlung im Astoria: „Nachdem am 6. März 2.500 auf der Straße waren, hab ich heute nacht von 3.500 geträumt. Daß wir so

hier bitte das Foto mit

den beiden Männern am

Mikrophon

viele sind, das ist unglaublich.“

Die Gewerkschaften hatten nachgelegt. Diesmal waren die Beschäftigten von 18 Banken samt deren Filialen zum Streik aufgerufen, unter ihnen auch die der Sparkasse, des größten Bremer Bankarbeitgebers. Die Arbeit in den Kassenhallen der Hauptstellen war nur mit einer Notbesetzung aufrecht zu erhalten. Einige Filialen mußten für den ganzen Tag schließen. Viele KundInnen hatten jedoch die Vorwarnungen der Gewerkschaften ernstgenommen und sich auf geldlose Zeiten eingestellt. „Der Kundenbetrieb war viel geringer als sonst“, sagte ein Sprecher der Deutschen Bank. Einige KundIn

nen rüttelten an den verschlossenen Türen, blieben aber gelassen und wichen an die Geldautomaten aus.

„Dascha wie Karneval“, meinte unterdessen ein Passant am Richtweg zu dem Demonstrationszug, der sich, angeführt von der unvermeidlichen Sambagruppe, in das Astoria ergoß. Als der HBV-Sekretär Klaus Busch und Hartmut Frensel von der DAG die Belegschaften der einzelnen Banken begrüßten, war dort eine Stimmung wie im Weserstadion zu Werders besseren Zeiten. Doch trotz der Begeisterung über die große Zahl der Beteiligten machte sich schon bald Ernüchterung breit. Der Beifall war eher dünn, als die beiden Gewerkschafter von der Fortsetzung des Streiks am Montag sprachen.

„Wenn wir jetzt aufhören, ist alles umsonst gewesen“, meinte eine Angestellte der Commerzbank. „Am Montag gibt's Überstunden und der Tag heute ist schnell wieder aufgeholt.“ Doch die Mehrheit ihrer KollegInnen sah das anders. Eilends einberufene Belegschaftskonferenzen in den Winkeln des Astoria ergaben ein eindeutiges Bild gegen die Fortführung des Streiks. Besonders den Gewerkschaftern der großen Institute behagte es gar nicht, nach kürzester Zeit noch einmal zulegen zu sollen: Es wurde dann auch lediglich eine Resolution verabschiedet. „Ich glaube diese Entscheidung war richtig“, sagte Klaus Busch. „Es wäre fatal, durch überstürzte Aktionen die Streikbereitschaft zu gefährden.“

Bundesweite Streiks werden jedoch für die Zeit nach den Osterferien angedroht, sollten sich die ArbeitgeberInnen bis dahin nicht bewegt haben. J.G.

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