: Bio-Benzin: Teuer und nicht ökologisch
Umweltbundesamt: Pflanzen-Kraftstoff für Autos ist nicht umweltverträglicher als normales Benzin/ Der Subventionsbedarf ist immens/ Aber der Bauernverband macht Druck ■ Aus Hannover Hannes Koch
„Wir können den verstärkten Anbau von Raps für die Kraftstoffgewinnung nicht befürworten“, urteilt das Berliner Umweltbundesamt (UBA) trocken. Mit ihrem noch nicht veröffentlichten Urteil rütteln die staatlichen Umweltforscher an den Grundfesten der zukünftigen Agrarpolitik und erklären Hunderte von Forschungsmillionen für herausgeschmissenes Geld. Bundesbauernminister Ignaz Kiechle ist um eine Subventionshoffnung ärmer.
Protagonisten der „freien Fahrt für freie Bürger“ und Agrarlobbyisten hoffen seit Jahren auf sogenannte „nachwachsende Rohstoffe“ als Allheilmittel ihrer Probleme. Den Anhängern der hochmotorisierten Gesellschaft sollen die nachwachsenden Rohstoffe im Tank ihre Umweltsorgen abnehmen und dem Agrarminister die Absatzsorgen der Bauern. Im Ende Januar abgeschlossenen Agrarbericht der Bundesregierung freute sich Kiechle noch, daß gleich „mehrere Demonstrationsprojekte zur Nutzung von Rapsöl“ anlaufen konnten. 90 Millionen Mark hatte der Minister dafür im Bundeshaushalt ausgewiesen.
Mit der Studie erklärt das Umweltbundesamt solche Forschungsanstrengungen für unnütz. Statt dessen sollte lieber direkt beim Autoverkehr angesetzt werden und dort der Schadstoffausstoß reduziert werden, so die Wissenschaftler.
Sie stellen in ihrer Studie unmißverständlich fest, daß „unter den heutigen Anbaubedingungen der KFZ-Kraftstoff aus Rapsöl in wichtigen Bereichen keine ökologischen Vorteile gegenüber dem herkömmlichen Diesel hat“. Nachdem der Raps ausgepreßt und verarbeitet sei, könne das Öl zwar in Dieselmotoren verbrannt werden.
Dabei entstehen im Vergleich zum Diesel auch nur 35 bis 60 Prozent des Treibhausgases Kohlendioxid. Doch durch die notwendige Düngung beim Anbau des Raps gelangt nach Erkenntnissen des Umweltbundesamtes „Lachgas“ in die Atmosphäre. Und das wiederum verstärkt den Treibhauseffekt 300mal mehr als Kohlendioxid. Insgesamt sei die Bilanz damit eher „negativ“, so die staatlichen Forscher.
En passant erledigt das Umweltbundesamt auch noch eine andere Variante der Pflanzen-Treibstoffe. Der Ersatzstoff Bioethanol weise eine „negative Energiebilanz“ auf. Im Klartext: Beim Anbau von Zuckerrüben, Weizen und Kartoffeln und ihrer Umwandlung in Alkohol wird mehr Energie verbraucht, als hinterher herauskommt. Bioethanol sollte als Zusatz zum Normalbenzin auf den Markt kommen.
Doch Bioethanol war selbst für die Bio-Benzin-Lobbyisten um Kiechle ein schwieriger Fall. Der Subventionsbedarf wäre gewaltig gewesen. Damit aus Zuckerrüben hergestelltes Bioethanol mit herkömmlichem Treibstoff konkurrieren kann, hätte der Staat pro Hektar Anbaufläche jährlich 4.500 Mark an Subventionen zuschießen müssen. Bioethanol auf Weizenbasis bedürfte eines Zuschusses von 2.500 Mark. Während ein Liter Bioethanol in der Herstellung zwischen 1,20 und 1,60 Mark kostet, ist Normalbenzin bei den Raffinerien für um die 30 Pfennige zu bekommen.
Daher hatte das Landwirtschaftsministerium in Hannover schon Ende 1991 die Finanzierung der Bioethanol-Produktion im niedersächsischen Ahausen eingestellt. Bund und Land hatten zuvor über 70 Millionen Mark in die Forschungsanlage investiert. Jetzt lautet das Fazit im hannoverschen Landwirtschaftsministerium: „Die Anlage ist unwirtschaftlich, der Zuschußbedarf zu hoch.“
Um das Rapsöl wollen die LandwirtschaftspolitikerInnen in Bonn und Brüssel aber kämpfen. Friedrich-Wilhelm Kuhlmann vom Bundes-Landwirtschaftsministerium beispielsweise argumentiert, bei Rapsöl müsse der Staat nur 1.900 Mark pro Hektar zuschießen und der Rapspreis sinke.
Einen zusätzlichen Vorteil könnte eine neue EG-Regelung verschaffen: In Brüssel wird diskutiert, sämtliche Treibstoffe auf pflanzlicher Basis von der Mineralölsteuer zu befreien. Auch dann müßte das Rapsöl aber noch mit 80 Pfennig pro Liter auf den Preis für herkömmliches Diesel heruntersubventioniert werden.
Die Agrarbürokraten wissen, warum sie kämpfen: Der Deutsche Bauernverband macht Druck. Die nachwachsenden Rohstoffe sind für die Bauern als Trostpflaster gedacht, wenn durch die EG-Politik der Preissenkung bei anderen Produkten die Verdienstmöglichkeiten verhageln. Doch die Energiepflanzen könnten für viele Landwirte eine trügerische Hoffnung sein. Wegen des himmelweiten Preisunterschieds zum billigen Mineralöl werden die BäuerInnen auch beim Biosprit auf die staatliche Stützung angewiesen sein. Die aber wird gekürzt, wenn die Subventionskassen wieder einmal leer ist — auf Gedeih und Verderb hängen die BäuerInnen dann am staatlichen Tropf.
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