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Das Ende einer Ehe

Nach 34 Jahren trennt sich Nelson Mandela „aus persönlichen Gründen“ von seiner Frau Winnie  ■ Aus Kapstadt Hans Brandt

Ein müde aussehender Nelson Mandela kündigte gestern in Johannesburg an, daß er sich nach 34 Jahren Ehe von seiner Frau Winnie trennen wird. Über Spannungen zwischen den beiden wurde schon lange spekuliert. In den letzten zwei Wochen hatten erneute schwere Vorwürfe gegen Winnie Mandela die Glaubwürdigkeit des ANC und seines Vorsitzenden Mandela in Frage gestellt. Neue Quellen behaupten, Winnie Mandela sei Anfang 1989 an Mißhandlung und Mord eines 14jährigen aus Soweto beteiligt gewesen.

„Mein Schritt wurde nicht durch die Vorwürfe der Medien ausgelöst“, erklärte Mandela auf einer Pressekonferenz, auf die ihn die gesamte ANC-Führung begleitete. Doch „Umstände außerhalb unserer Kontrolle“ ließen ihm keine Wahl. Es gibt eine starke Fraktion im ANC, die dafür plädiert, Winnie Mandela als Führerin der Schwarzenorganisation fallenzulassen. Winnie Mandela gilt als militante ANC-Vertreterin, mit einer Anhängerschaft vor allem unter Jugendlichen. Ihre radikalen Aussagen widersprachen allzu oft den versöhnlichen Reden ihres Mannes, was Spannungen auch innerhalb des ANC verursachte. Aus der ANC-Führung wurde jedoch nach der Pressekonferenz bekannt, die „überraschende“ Trennung habe hauptsächlich mit persönlichen Schwierigkeiten zu tun.

„Meine Liebe für sie hat nicht nachgelassen“, sagte Mandela über seine Frau. Unter Tränen fügte er hinzu, die Entscheidung sei ihm nicht leichtgefallen. „Ich werde das Leben mit meiner Frau niemals bereuen. Aber aufgrund von Spannungen, die wegen einer Reihe von Fragen in den letzten Monaten zwischen uns entstanden sind, sind wir jedoch übereingekommen, daß eine Trennung für uns beide das beste ist.“ Mandela würdigte seine Frau für die Kraft, mit der sie während seiner 27jährigen Inhaftierung die Anschläge der Apartheid-Regierung abgewehrt hatte.

Auch er betonte, die Trennung habe nichts mit den jüngsten Anschuldigungen gegen Winnie Mandela zu tun. Der ANC-Präsident forderte die Medien auf, eine Entscheidung über die Schuld oder Unschuld seiner Frau den Gerichten zu überlassen. „Genossin Nomzamo“, wie er seine Frau mit ihrem afrikanischen Namen in seiner Erklärung nannte, könne auch in Zukunft mit seiner „uneingeschränkten Unterstützung“ rechnen.

Bei der Trennung spielten wohl auch Winnie Mandelas angebliche Liebschaften mit anderen Männern eine Rolle. Das nicht besonders diskrete Fortsetzen dieser Affären belastete Nelson Mandela nach seiner Freilassung sehr. Hinzu kam Winnie Mandelas oft impulsives, herrisches Auftreten. Schließlich stehen aber auch die in den letzten beiden Wochen wieder aufgekommenen schweren Vorwürfe gegen sie im Raum.

Winnie Mandela wurde letztes Jahr für die Entführung und Mißhandlung des 14jährigen Seipei und drei anderer Jugendlicher aus Soweto zu einer sechsjährigen Haftstrafe verurteilt, ist jedoch gegen Kaution freigelassen. Ein Berufungsverfahren wird vorbereitet. Ebenfalls verurteilt wurden Xoliswa Falati, eine Freundin von Winnie Mandela, und John Morgan, ihr Fahrer. Die jüngste Krise entstand nach einem bissigen Streit zwischen Winnie Mandela und Falati vor zwei Wochen. Falati hatte aus Rache gegenüber der Presse behauptetet, in dem Verfahren gegen Winnie Mandela gelogen zu haben, um sie zu schützen. Vor Gericht war befunden worden, daß Winnie Mandela am Tag der schweren Mißhandlung von Seipei nicht in Johannesburg war. Falati behauptete nun, daß Winnie Mandela bei der Mißhandlung eine führende Rolle gespielt hatte.

Inzwischen hat Falati, die unter dem Schutz der Rechtsabteilung des ANC steht, ihre Vorwürfe jedoch wieder zurückgezogen. Dafür erhob am Wochenende auch Morgan in einem Interview mit der 'Sunday Times‘ den Worwurf, Winnie Mandela sei an der Mißhandlung der entführten Jugendlichen beteiligt gewesen. „Sie hat sie mit einer Peitsche geschlagen“, sagte Morgan. Er ist jetzt untergetaucht. Weiter wurde bekannt, daß der Belastungszeuge Mekgwe gegen Winnie Mandela mit Hilfe einer Sonderabteilung des ANC vor Beginn des Verfahrens das Land verließ.

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