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Libysche Opposition trifft sich in Dallas

„Nationale Front zur Errettung Libyens“ ruft in Texas zum militärischen Sturz Gaddafis auf/ Erstes Treffen seit sieben Jahren/ Von den USA unterstützte Gruppierung betont ihre politische Unabhängigkeit/ Exil-Opposition bleibt schwach und gespalten  ■ Aus Kairo Karim El-Gawhary

„Es ist unsere Pflicht, die militärische Option auszubauen, um den libyschen Staatschef Gaddafi zu stürzen“ — Worte, die jüngst nicht etwa im Washingtoner State Department fielen, sondern ein paar tausend Kilometer weiter südlich im texanischen Dallas. Dort nämlich hatte sich vergangenes Wochenende die „Nationale Front zur Errettung Libyens“ (NLFS) zu ihrem 3. Kongreß zusammengefunden. Auf dem Programm stand die weitere Strategie und der Rechenschaftsbericht der vergangenen sieben Jahre. So lange ist es her, daß sich die Front das letzte Mal in Bagdad traf.

In seiner Eröffnungsansprache rief der Vorsitzende Muhammad Muqrif alle Oppositionskräfte zum Sturz Gaddafis auf. Anschließend solle eine Interimsregierung dem Land eine neue Verfassung geben, über die dann in einer Volksabstimmung entschieden werden könne. „Es ist endlich Zeit, daß Libyen zum internationalen Recht, zu einer Verfassung, zur Demokratie und zu einem System der Basis zurückkehrt“, erklärte Muqrif. „Bewaffnete Aktionen sind der einzige Weg, um das System Gaddafis zu beenden“, heißt es im Rechenschaftsbericht. Bislang sind allerdings Versuche, Trainingslager in den Nachbarländern aufzubauen, an der Instabilität der Nachbarregime und deren wechselnder Haltung gegenüber Gaddafi gescheitert. Der Sturz Numeris im Sudan 1985 und der Fall Habris im Tschad wenige Jahre später erwiesen sich als schwere Rückschläge für die Front, die sich daraufhin von dort weitgehend zurückziehen mußte.

Immer wieder betonten die Redner in Dallas die Unabhängigkeit der Front — kein Wunder, denn die NLFS lebt unter dem Ruf, im Auftrag der USA zu agieren. Daß der Kongreß in Texas stattfindet, hat ihn denn auch für viele arabische Beobachter diskreditiert. Doch auch aus den Reihen der Teilnehmer kam Kritik. Eine Art Opposition zur Opposition kam auf. „Die libysche Opposition hat sich in eine Gruppe von Führungspersonen verwandelt, die sich bei bestimmten Gelegenheiten trifft. Ich zweifle nicht an deren Ernsthaftigkeit, aber ich möchte daran erinnern, daß die letzten Jahre der Opposition im Exil bewiesen haben, daß wir uns in einer Sackgasse befinden“, so ein Kongreßteilnehmer.

Die Exil-Opposition selbst ist gespalten. Neben der NLFS existiert noch die „Nationale Libysche Opposition“ (NLO). Sie agiert gegenüber den Forderungen der USA vorsichtiger. Während die NLFS eine vollständige Kooperation mit dem UN- Sicherheitsrat zugesagt hat und auf weiteren Druck aus Washington hofft, setzt die NLO auf eine Veränderung von innen. Sie fürchtet eine Fragmentierung Libyens in der jetzigen Situation. „Wenn wir jetzt nicht die richtigen Entscheidungen treffen, stürzen wir unser Land in den Bürgerkrieg“, warnte der anwesende Vorsitzende der NLO, Al- Kikhini.

In Kairo wird diese Art der libyschen Exil-Opposition nicht allzu ernst genommen. Sie ist zu schwach und hat keine Basis im eigenen Land. Und auf der Wunschliste der ägyptischen Regierung steht ein Sturz Gaddafis ohnehin nicht. Falls Gaddafi über die Lockerbie-Affäre stürzt, gibt es im wesentlichen nur zwei Alternativen: den heutigen zweiten Mann Libyens, Abdel Salam Dschalud, oder die Islamisten. Dschalud gilt als weit radikaler als sein Chef Gaddafi. Er repräsentiert die „harte Linie“ Libyens gegen die USA. In den letzten Wochen hat er sich durch seine explizit antiwestliche Haltung in bezug auf die Entscheidungen des UN-Sicherheitsrates erneut einen Namen gemacht.

Über die Islamisten ist nur wenig zu erfahren. Einer ihrer Repräsentanten, Scheich Muhammad Bin Ghali von den „Dschama'at Al-Islamiya“, sprach in Dallas von der historischen Chance, die Situation Libyens zu verändern, allerdings ohne die gleichen Methoden wie Gaddafi anzuwenden. Inwieweit sich die Vorstellungen der „Dschama'at“ im Exil mit denen in Libyen decken, bleibt selbst Beobachtern in Ägypten unklar. Die Muslimbrüder in Ägypten — im ideologischen Zentrum der islamistischen Bewegung — äußerten ihre Solidarität mit der libyschen Regierung. „Es ist Zeit für die Muslime aufzuwachen... und die Differenzen zu begraben, die es dem Feind ermöglichen, sie gegenseitig auszuspielen“, kommentierte der Sprecher der ägyptischen Muslimbrüder, Mustafa Maschur, zur Lockerbie- Krise. Die Differenzen mit Gaddafi treten zunächst in den Hintergrund.

Allzusehr erinnert das ganze Szenario Libyen an den Fall Irak. Damals hatte man auch versucht, eine irakische Opposition in London aufzubauen, die im Irak selbst über keinerlei Basis verfügte. Ein Versuch, der von Anfang an zum Scheitern verurteilt war. Als einzige effektive Oppositionskräfte im Land erwiesen sich die kurdischen Organisationen im Norden und die schiitischen Gruppen im Süden. Beide waren nicht im Interesse der Anti-Saddam- Allianz. Da bevorzugte man es schließlich doch, Saddam Hussein in Amt und Würden zu lassen. Als beste Variante sozusagen. Ob Gaddafi am Ende das gleiche Glück hat?

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