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Nie war er so wertvoll wie heute

■ Olaf Ludwig, erster Deutscher Sieger in einem Weltcup-Rennen, ist ein echtes Schnäppchen für seinen Rennstall. Die äußerst günstigen Konditionen für 1992 wurden vor zwei Jahren schon ausgehandelt.

Maastricht/Berlin (dpa) — Nach seiner Fahrt durch die „Hölle des Nordens“ fehlten ihm in Roubaix auf Rang zwei noch 38 Sekunden zum Sieg. Zwei Wochen später fand sich Olaf Ludwig endlich im siebten Himmel der Radprofis wieder. Der Olympiasieger von Seoul gewann am Samstag das 27. Amstel Gold Race und damit als erster Deutscher ein Weltpokalrennen. Zudem übernahm er bei diesem Beständigkeits-Cup, dessen Gesamtsieger erst im Oktober festehen wird, wieder die Führung mit 101 Punkten vor dem Belgier Johan Museeuw (74 Punkte).

Der Triumph in Maastricht — nach 247 Kilometern hängte Ludwig im Endspurt Museeuw und Dimitri Konyshew (GUS) glatt ab — rangiert in der Bedeutung noch vor der Eroberung des Grünen Trikots bei seinem Tour-de France-Debüt 1990 und dem Etappensieg in Besancon. Der 32jährige Thüringer aus Gera, der mit seiner Familie seit einem Jahr in Aachen lebt, feierte am Samstag als derzeit mit Abstand Bester der 44 lizensierten deutschen Profis schon seinen 7. Saisonsieg. Beim „Warmmachen“ für das Gold Race konnte sich Ludwig bei der Aragon-Rundfahrt in Spanien schon als dreifacher Etappensieger bejubeln lassen. Dabei schlug er im Zeitfahren gar Tour- Sieger Miguel Indurain (Spanien).

Der zweifache Gewinner der Friedensfahrt, dessen neuester Erfolg ihn in der Weltrangliste von augenblicklich Rang sechs weiter nach vorn gebracht haben dürfte, hat sich das Rennen perfekt eingeteilt. Große Teile der Strecke kannte er ohnehin, weil sie quasi vor der Haustür lagen, als er zu Beginn seiner Profikarriere in Valkenburg wohnte. Im Finale profitierte Ludwig zudem von der perfekten Zusammenarbeit mit seinen Mannschaftskameraden Wjatcheslaw Jekimow (GUS) und Maurizio Fondriest.

Der Ex-Weltmeister aus Italien gewann im Vorjahr den seit 1985 ausgefahrenen Weltcup, ohne ein Rennen gewonnen zu haben. Den will nun auch Ludwig holen, der unmittelbar nach der Wende als erster DDR-Amateur den Sprung zu den Profis gewagt hatte. „Ursprünglich hatte ich eine andere Saisonplanung. Jetzt werde ich aber zumindest einen Großteil der noch sieben ausstehenden Weltcup-Rennen fahren, weil ich eine Chance auf den Gesamtsieg habe“, erklärte Ludwig.

„Nach dem Rennen am Henninger Turm am 1. Mai lasse ich es ruhiger angehen“, sagt Ludwig, der sich „ganz in Ruhe“ auf die Tour de France (4. bis 26. Juli) vorbereiten will. Vorher ist nur noch ein Termin wirklich spannend: Die ersten Vertragsverhandlungen mit seinem Chef Peter Post vom niederländischen „Panasonic“-Team. Der ehemalige „Sechs-Tage-König“, der für die nächste Saison auf der Suche nach einem neuen Sponsor ist, wird für Ludwig tief in die Tasche greifen müssen, wenn er ihn halten will.

Der schnelle Ludwig („Ich war bei den Profis noch nie so stark wie jetzt“) hat einen gewissen Nachholbedarf. Unglücklicherweise hatte er seine Konditionen für 1992 schon im Herbst 1990 nach seinem ersten Profijahr ausgehandelt. So kommt es, daß Ludwig wesentlich weniger verdient als sein ehemaliger Mannschaftskamerad zu DDR-Zeiten, Uwe Ampler (Leipzig), der auf jährlich knapp 500.000 D-Mark taxiert wird, dafür in seinem neuen Beruf aber eigentlich noch nicht sehr viel gezeigt hat. Ludwig: „Es nützt nichts, wenn ich mich darüber ärgern würde. Mein nächster Vertrag wird natürlich anders aussehen, aber unterschrieben wird erst nach der Tour.“

Großverdiener Ampler hatte diesmal Pech: Der dreifache Friedensfahrtgewinner mußte nach einem technischen Schaden an der Schaltung vom Rad steigen, gerade in dem Moment, als er sich 15 Kilometer vor dem Ziel alleine mit dem italienischen Ex-Weltmeister Maurizio Fondriest vom Feld abgesetzt hatte. Als endlich der Materialwagen der einzigen deutschen Profimannschaft „Telecom“ angeöttelt kam, war der Zug für Ampler in Richtung eines möglichen Sieges schon längst abgefahren. Andreas Zellmer

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