Im südlichen Afrika droht „Jahrhundertdürre“

■ Die dringend notwendige Lebensmittelhilfe treibt die Frontstaaten in die Arme des reichen Nachbarn Südafrika

Millionen von Menschen im südlichen Afrika sind vom Hunger bedroht. Die Auswirkungen der Dürre, von der Welternährungsorganisation FAO und dem Hilfswerk „Save The Children“ als „Jahrhundertdürre“ bezeichnet, werden sich in den kommenden Monaten noch verschärfen, denn die nächste Regenzeit beginnt südlich des Äquators erst im November. Um eine Hungerkatastrophe zu verhindern, müssen mehr als zehn Millionen Tonnen Getreide importiert werden. Der größte Teil wird in den Häfen Südafrikas gelöscht werden, um dann auf Straße und Schiene weitertransportiert zu werden.

„Wir machen uns ernsthafte Sorgen darüber, ob die Häfen, Schienen, Straßen und Silos in der Region derart große Getreidemengen überhaupt bewältigen können“, heißt es in einem Bericht der regionalen Wirtschaftsgemeinschaft SADCC. Deshalb, so der US-Botschafter in Simbabwe, Gib Lanpher, müsse die Verteilung „von den betroffenen Staaten mit äußerster Sorgfalt koordiniert werden“.

Um diese Koordinierung zu gewährleisten, trafen sich Ende April Vertreter aus fünf Ländern im südafrikanischen Pretoria. Die Regierungen von Botswana, Malawi, Südafrika, Sambia und Simbabwe werden sich an einer gemeinsamen Arbeitsgruppe mit den südafrikanischen Bahnbehörden beteiligen. Ziel ist eine „zügige und gerechte“ Verteilung der Lebensmittel. Es ist die erste formelle Zusammenarbeit zwischen Südafrika und den schwarzafrikanischen Nachbarstaaten, mit der alte politische Gräben überbrückt werden.

Lebensmittelrationen auch für ländliche Bevölkerung Südafrikas

In Malawi werden 800.000 Tonnen Getreidehilfe benötigt. Kontakte mit internationalen Gebern könnten dabei den politischen Druck auf Diktator Hastings Kamuzu Banda verstärken. Banda ist einer der letzten Alleinherrscher in Afrika, der sich den Forderungen nach Demokratisierung auf dem Kontinent noch widersetzt. Auch in Simbabwe verschärft die Dürre die Kritik der Bevölkerung an der Regierung von Robert Mugabe (s. nebenstehenden Beitrag).

Mosambik benötigt aufgrund des Bürgerkrieges schon seit Jahren Lebensmittelhilfe. Hier hat die Dürre den Bedarf auf etwa 1,2 Millionen Tonnen erhöht. Verteilungsprobleme entstehen durch fehlende Infrastruktur und Angriffe der rechten Renamo-Rebellen. „Der Krieg muß schnellstens beendet werden“, sagte der Afrika- Beauftragte der US-Administration, Herman Cohen, vor kurzem in Mosambik. „Das Leiden wird durch die Dürre nur noch vergrößert.“ Bei den Friedensgesprächen wurden bisher kaum Fortschritte erzielt.

In Sambia hat der neugewählte Präsident Frederick Chiluba aufgrund der Dürre Schwierigkeiten, sein Reformprogramm umzusetzen. Chilubas Vorgänger Kenneth Kaunda sah sich mit blutigen Unruhen konfrontiert, als er versuchte, die staatliche Subventionierung des Maispreises zu reduzieren. Auch Chiluba wird Subventionen streichen müssen. Aufgrund der Dürre wird das noch schwieriger. Sambia hofft auf eine Milliarde US-Dollar an internationaler Hilfe, davon 300 Millionen Dollar für Getreideimporte.

Südafrika hoffte in diesem Jahr auf ein Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent. Das wird aufgrund der Dürre nicht zu erreichen sein. Dutzende von Bezirken sind zu Katastrophengebieten erklärt worden. Eine Milliarde Rand (etwa 500 Millionen Mark) wurden als Nothilfe für Farmer bereitgestellt. Und die Nothilfeorganisation „Operation Hunger“ wird in den nächsten zwölf Monaten etwa 164 Millionen Rand (80 Millionen Mark) benötigen, um in ländlichen Gebieten tägliche Lebensmittelrationen vor allem an arbeitlos gewordene schwarze Landarbeiter und ihre Kinder zu verteilen. Hans Brandt