ANC droht mit Massendemonstrationen

 ■ Aus Johannesburg Hans Brandt

Der Afrikanische Nationalkongreß (ANC) hat alle Zugeständnisse in den Verhandlungen mit der Regierung über eine neue Verfassung zurückgezogen. Nach dem Scheitern der zweiten Vollversammlung des „Konvents für ein demokratisches Südafrika“ (Codesa 2) am Wochenende drohen der ANC und seine Verbündeten jetzt mit Straßendemonstrationen. Gleichzeitig spricht die ultrarechte Konservative Partei (CP) jetzt aber mit der Regierung über eine mögliche Beteiligung an den Verfassungsverhandlungen.

„Das Scheitern von Codesa 2 ist eine sehr ernste Angelegenheit“, meinte der führende ANC-Unterhändler Mohamed Valli Moosa am Dienstag in Johannesburg. „Es ist einfach nicht gut genug, wenn wir nach fünf Monaten Verhandlungen der Öffentlichkeit nichts zu bieten haben.“ Laut Valli Moosa hat der ANC alle Zugeständnisse in der zentralen Frage zurückgezogen, mit welcher Mehrheit eine verfassunggebende Versammlung ein neues Grundgesetz verabschiedet. Der ANC hatte anfangs eine Zweidrittelmehrheit gefordert, zuletzt aber eine Mehrheit von 70 Prozent der Stimmen vorgeschlagen. Das lehnte die Regierung ab, die die Zustimmungsquote auf 75 Prozent hochsetzen will.

Joe Slovo, ebenfalls ein ANC- Verhandlungsführer, warf der Regierung vor, eine Verfassung schon jetzt, in Vielparteiengesprächen, schreiben und der verfassunggebenden Versammlung „nur eine Entscheidung über die Landesflagge“ überlassen zu wollen. „Sie wollen die Macht nicht aufgeben“, sagte Slovo. „Sie wollen eine Übergangszeit von 10 bis 15 Jahren.“ Die Gewerkschaftsföderation COSATU droht unterdessen mit einem Generalstreik, um die Regierung unter Druck zu setzen. „Das Scheitern von Codesa 2 macht Massenaktionen sehr wahrscheinlich“, sagte COSATU-Sprecher Neil Coleman.

Gleichzeitig macht die ultrarechte Konservative Partei (CP) erste Schritte, um sich den Codesa-Verhandlungen anzuschließen. Hochrangige Gespräche zwischen der CP und der Regierung sollen in Kürze stattfinden. Die CP, die Codesa bisher boykottiert hatte, könnte danach in dem Verhandlungsforum ihre Forderung nach einem reinweißen Teilstaat in Südafrika vorbringen.

Während Teile der CP neue Gesprächsbereitschaft zeigen, sind andere CP-Mitglieder schon zum gewalttätigen Widerstand gegen die Reformen übergegangen. Am Dienstag wurden zehn Rechtsextremisten für ihre angebliche Beteiligung an einem Bombenanschlag verhaftet, darunter drei führende CP- Mitglieder aus Boksburg östlich von Johannesburg.