EG-Umweltminister beraten Müllexporte

Brüssel (taz) — Hunderte von Fässern stehen auf der Wiese und rosten vor sich hin. „Vorsicht, leicht brennbar“ ist auf Aufklebern zu lesen. Daneben warnt ein Totenkopf vor über 30 giftigen Stoffen wie DDT, Lindan und Quecksilber — allesamt in der Bundesrepublik verbotene Chemikalien. Etwa 1.500 Tonnen dieser gefährlichen Fracht lagern seit acht Monaten in den Bergen Transsylvaniens, berichtet Greenpeace-Mitarbeiter Andreas Bernstorff. Ursprungsort: Sachsen. Exporteurin: die Firma „Technogem“ in Dresden. Anlaß: die hohen Entsorgungskosten und die laschen Exportbeschränkungen in Deutschland.

Solche Praktiken in Zukunft zu unterbinden waren gestern die EG- Umweltminister zusammengekommen. Ein paar Tage vor Beginn des Umweltgipfels in Rio wollten sie die Überwachungs- und Kontrollvorschriften für In- und Exporte gefährlichen Mülls verschärfen. Seit zwei Jahren schon diskutieren die Minister, wie sie die Baseler Konvention über die Kontrolle grenzüberschreitender Verbringung gefährlicher Abfälle in EG-Gesetze umsetzen können. Dieses Ansinnen scheiterte jedoch immer wieder am Widerstand einzelner Mitgliedsregierungen.

Unter dem Druck der Industrielobby wehrten sie sich gegen ein totales Exportverbot der giftigen Stoffe. Als Prinzip der Umweltcharta, die in Rio verabschiedet werden soll, fordern sie, daß „giftige und gefährliche Stoffe und Abfälle, gefährliche gentechnisch veränderte Organismen und radioaktiver Müll am Entstehungsort entsorgt werden sollen“. Grenzüberschreitende Entsorgung und Deponierung dieser Stoffe müßten verboten und die Ursprungsländer zu Entschädigungszahlungen verpflichtet werden.

Von einem solchen Verbot möchte die EG jedoch große Teile ihres Mülls ausnehmen. Der Müll von Haushalten und Geschäften soll generell nicht betroffen sein, genauso wie der Transport von Müll innerhalb der OECD-Länder, was dem unkontrollierten Weiterexport in Drittstaaten wie Rumänien Tür und Tor öffnet. Zusätzlich sind Übergangsregelungen für den Export in Staaten vorgesehen, mit denen bilaterale Verträge bestehen.

Ähnlich industriefreundlich zeigten sich die Umweltminister beim Tagesordnungspunkt Umweltsteuer. Mit einer Entschließung wollen sie ihre Vorreiterrolle beim Umweltgipfel in Rio in Sachen Klimaschutz bestärken. Die Stabilisierung der Kohlendioxidwerte bis zum Jahr 2.000 auf dem Stand von 1990 soll u.a. durch eine Steuer erreicht werden — allerdings nur im Verbund mit allen anderen OECD-Staaten. Ein detaillierter Gesetzestext dazu soll heute von der EG-Kommission vorgelegt werden. Michael Bullard