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Gipfel der Verantwortungslosigkeit?

Unterschiedliche Stellungnahmen von Regierung und Opposition zum bevorstehenden Umweltgipfel in Rio/ „Erster Schritt zum weltweiten Naturschutz“ oder „Gipfel der Verantwortungslosigkeit“?  ■ Aus Bonn Andreas Zumach

Deutlich unterschiedliche Erwartungen an die in einer Woche in Rio de Janeiro beginnende UNO-Konferenz Umwelt und Entwicklung (UNCED) haben Bundesregierung und SPD-Opposition gestern in Bonn geäußert. Für Bundesumweltminister Klaus Töpfer ist das zehntägige Mammuttreffen von Regierungschefs und Mitgliedern aus knapp 180 Staaten ein „erster Schritt zum weltweiten Naturschutz“ und der „Start für einen Entspannungsprozeß zwischen Nord und Süd“. Der Umweltexperte der SPD-Fraktion und Vorsitzende der Bundestagsenquetekommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“, Michael Müller, sprach hingegen von einem „Gipfel der Verantwortungslosigkeit“ und einem „gewaltigen Medienwirbel ohne jegliche Substanz“.

Töpfer äußerte sich nach einer Sitzung des Bundeskabinetts, in der die Verhandlungsleitlinen für die von Kanzler Kohl angeführte bundesdeutsche Rio-Delegation gebilligt wurden. Der Umweltminister bezeichnete es zwar als „wesentliche Schwäche“, daß die auf der Konferenz zur Unterzeichnung anstehende „Klimarahmenkonvention“ für das Ziel einer Stabilisierung der Kohlendioxidemissionen (CO2) auf das Jahr 1990 keine zeitlichen Fristen (etwa bis zum Jahr 2000) enthält. Gegen die Festlegung von Fristen hatten sich die USA gesperrt. Töpfer gab sich jedoch optimistisch, daß „durch die klare Festlegung eines dynamischen Folgeprozesses“ diese Konvention die „Grundlage für weitere konkrete Maßnahmen gegen den Treibhauseffekt bilden“ könne. Die Maßnahmen der einzelnen Unterzeichnerstaaten zur Erreichung des Stabilisierungszieles sollen regelmäßig überprüft werden. Auf Grund welcher Kriterien eine solche Überprüfung ohne eine verbindliche Zeitfrist stattfinden soll, konnte der Minister nicht erklären. Ein Vertreter der US-Umweltorganisation „Sierra Club“ meinte, daß „die Regierung Kohl in der Frage der CO2-Emissionen vor der Bush-Administration eingeknickt ist“.

Müller bezeichnete den UNCED- Gipfel in einem Interview mit dem sozialdemokratischen Pressedienst 'ppp‘ als „von vornherein falsch angelegt“. Die in Rio auf der Tagesordnung stehende Problematik sei historisch „in erster Linie“ durch die Denk- und Wirtschaftsweise „der Europäer hervorgerufen“ worden. Deshalb müßten „genau diese Länder auch die Wende einleiten“. Müller kritisierte die Darstellung der Bundesregierung, die Rio-Konferenz sei „erst der Beginn eines Prozesses“. Damit werde ein ursprünglich proklamiertes „Ziel wieder zum Ausgangspunkt“. Tatsächlich habe die Konferenz einen „Vorlauf von über fünf Jahren — seit dem Brundtland-Bericht über Umwelt und Entwicklung und den Weltklimakonferenzen von Toronto und Genf“. Je mehr sich im Verlauf dieses Prozesses die Forderungen an die Industriestaaten konkretisierten, desto „unseriöser“ sei die Vorbereitung des Rio- Gipfels geworden. Der Bundesregierung warf Müller vor, sich „in erster Linie bestimmter Kunstgriffe bedient“ und „sozusagen Schwarzer Peter gespielt“ zu haben.

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