: DIE KLEINE MEDIENPRAXIS — FRAGEN SIE FRAU DR. MONIKA!
Wie bitte, Sie haben Angst vor Männern? Seit Sie letzte Woche den 'Spiegel‘ gelesen haben? Dabei hatte der doch ein aufreizendes Titelbild— kraftstrotzende Heldenbrust mit Goldkettchen, so richtig was zum Zugreifen. Und dann die bittere Wahrheit: „Die Männer schlagen zurück.“ Im Grunde ihres Herzens seien die Herren der Schöpfung Frauenhasser. Überfordert vom emanzipierten Weib, rennen sie reihenweise in Psychogruppen, um unter ihresgleichen die schwindende Manneskraft wieder aufzupäppeln. Kein Wunder, denn die Frauen schnappen ihnen die gutes Jobs weg, sehen noch dazu viel besser aus und finden trotz Doppelbelastung als Mutter und Managerin immer Zeit, sich die Nägel zu lackieren. Das wollen sich die Jungs jetzt nicht länger gefallen lassen. Sagt jedenfalls Herr Bürger, dessen Macho-Bücher wie warme Semmeln weggehen. Den haben Sie neulich in einer Talk-Show gesehen, und da haben alle anwesenden Männer geklatscht? Lassen Sie sich von dem Beifall nicht täuschen. In Wirklichkeit schlagen die Männer nämlich nicht zurück, sondern sie passen auf. Eigentlich sehnt sich ihre gequälte Seele danach, selbst Frau zu sein. Nur deshalb kämpfen sie so vehement um den Erhalt weiblicher Refugien. Abtreibung? Um Gottes willen, nein! Wenn wir schon keine Kinder kriegen können, dann sollen wenigstens die Frauen unbehelligt ihre Niederkunft genießen. Da macht die 'Bild‘-Schlagzeile vom letzten Freitag doch richtig Mut: „Der erste Mann, der ein Kind bekommt. Im sechsten Monat. Kaiserschnitt.“
Wie stark die Sehnsucht nach einem Frauenkörper ist, läßt sich tagtäglich in den Medien verfolgen. Erst letzte Woche nutzte ZDF-Mann Johannes Willms bei einem Aspekte- Streifzug durchs US-TV ausgiebig die Gelegenheit, üppige Brüste auf dem Bildschirm zu bannen. Als dann auch noch ein Mann die Hosen runterließ, schwenkte die Kamera verschämt weg. Das lästige Ding, das Männer ihr Leben lang mit sich herumtragen müssen, wollen sie uns nicht auch noch in der Glotze zumuten. Ist das nicht rührend?
Und auch nicht auf der Bühne. In Hamburg hat die Kulturbehörde einer Männerhorde, die in eine typisch weibliche Domäne einbrechen wollte, gerade eine Abfuhr erteilt. Die „California Dream Men“, eine amerikanische Stripper-Truppe, darf in der Musikhalle ihre Männlichkeit nicht entblößen. Wo kämen wir da hin? Ausziehen ist Frauensache. Andererseits mühen sich die Herren der Schöpfung redlich, ihr feminines Ich zu unterstreichen. Über Adoniskörpern wallt langes Haar, Herrendessous sind der Renner, und bei der Kosmetikerin haben selbst Stammkundinnen wegen des verschärften Männerandrangs Mühe, noch einen Termin zu ergattern. Denn maskulines Brusthaar, so verkündet die Schönheitsindustrie, ist diese Saison total out.
Also, keine Angst vor Adams Söhnen. Helfen Sie ihnen lieber, zu sich selbst zu finden. Und schauen Sie sich das 'Spiegel‘-Titelbild noch einmal genau an. Da beschattet doch wirklich kein Härchen die samtweiche Mannesbrust. Vielleicht schenken auch Sie Ihrem verunsicherten Partner zuerst einmal einen dieser neuartigen Körperrasierer — und lachen Sie nicht, wenn er sich beim Entfernen des Rückenflaums noch ein bißchen tollpatschig anstellt.
Herzlichst Ihre
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen