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Nebiolos Machtwort

■ Der Internationale Leichtathletik-Verband ignoriert Krabbe-Freispruch und schaltet sein Schiedsgericht ein

Toronto (dpa/taz) — Der Internationale Leichtathletik-Verband (IAAF) will mit einem Machtwort das zunehmende Rechts-Chaos bei seinen Doping-Fällen beenden. Nachdem das IAAF-Council am Ende seiner dreitägigen Sitzung in Toronto die Manipulationsaffäre um Katrin Krabbe, Grit Breuer und Silke Möller einstimmig an sein Schiedsgericht in London weitergereicht und damit den Freispruch des Rechtsausschusses des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) glatt ignoriert hatte, ließ IAAF-Präsident Primo Nebiolo seinen Frust über die vermehrten Einsprüche beschuldigter und gesperrter Athleten vor Gerichten und Rechtsausschüssen aller Art freien Lauf. „Ein für allemal: Unser Schiedsgericht ist unsere letzte Instanz. Wir werden keine Entscheidung irgendeines Gerichts auf der Welt akzeptieren. Unsere legalen Gründe für diese Haltung? Unsere Regeln, ganz einfach“, sagte der Italiener. „Alle unsere Athleten müssen unsere Regeln befolgen. Wer das nicht will, kann austreten. Niemand ist gezwungen, der IAAF anzugehören.“

Autorität und Glaubwürdigkeit seien gefährdet, assistierte IAAF- Generalsekretär Istvan Gyulai, und deshalb wurde mit dem Fall des gesperrten 400-m-Weltrekordlers Butch Reynolds (USA) ein Exempel statuiert. Den IAAF-Funktionären war die Genugtuung über die eigene neue harte Welle deutlich anzumerken. „Wir wollen keine Polizisten sein, aber leider nimmt kein internationaler Verband das Doping-Problem so ernst wie wir“, sagte Nebiolo. „Ich liebe Butch Reynolds. Wir haben nichts gegen ihn, aber wir müssen unseren Regeln folgen.“ Der 27 Jahre alte, wegen Dopings bis zum 11. August — zwei Tage nach Ende der Olympischen Spiele in Barcelona — gesperrte Amerikaner hatte von einem Gericht in Columbus/Ohio per einstweilige Verfügung die vorläufige Starterlaubnis bis zum 8. Juni bekommen, war aber beim Grand- Prix-Meeting am Samstag in San José entgegen seiner Ankündigung nicht gestartet, weil die IAAF dem Veranstalter und sämtlichen Athleten mit Sperren gedroht hatte und Reynolds daraufhin ausgeladen wurde. Der Betroffene ließ sich nicht einschüchtern und verteidigte die amerikanische Justiz, die sich ja gerade in der letzten Zeit nicht unbedingt mit Ruhm bekleckert hat: „Das ist eine Rechtsverletzung. Sie sagen, unser Rechtssystem ist ein Haufen Dreck. Ich gebe nicht auf.“

Inwieweit die IAAF tatsächlich dem Druck einer ordentlichen Gerichtsinstanz standzuhalten vermag, bleibt abzuwarten. Noch können die deutschen Sprinterinnen auf das dreiköpfige IAAF-Schiedsgericht hoffen. Der genaue Termin der Sitzung steht noch nicht fest, wird aber mit Sicherheit vor der Nominierung des deutschen Olympia-Teams am 30. Juni sein. „Alle werden dann angehört, das ist ein neuer Fall, und darüber will ich nicht spekulieren“, sagte das deutsche Council-Mitglied August Kirsch. „Ich bin auf jeden Fall mit dem Ergebnis von Toronto zufrieden. Es hat eine Manipulation stattgefunden, und es muß untersucht werden, wer der Schuldige ist.“

Für Katrin Krabbe kam die Entscheidung von Toronto „nicht überraschend“. In Neubrandenburg zeigte sich die 22jährige überzeugt, daß unter „Wahrung von Fairneß und Objektivität der Spruch des Schiedsgerichts in London der gleiche wie in Darmstadt, nämlich Freispruch, sein wird.“ Die Sprinterinnen sind für nationale und internationale Wettkämpfe bis zur Entscheidung des IAAF-Schiedsgerichts startberechtigt. Auch Katrin Krabbes US- Sponsor (Nike) will sich erst nach dem Treffen in London entscheiden, ob ihr im Herbst auslaufender Vertrag verlängert wird.

Drei Herren des IAAF-Schiedsgerichts haben das Schicksal der drei Sprinterinnen in der Hand. Der Deutsche Christoph Vedder darf aus Befangenheitsgründen nicht dafür nominiert werden. Krabbe und Co. hoffen in London auf den Dortmunder Rechtsanwalt Reinhard Rauball, der vor knapp sieben Wochen den Freispruch vor dem DLV-Rechtsausschuß erreicht hatte und im Falle eines Schuldspruchs vor ein ordentliches Gericht in London gehen will. Sven Busch

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