: Bündnis 90 gegen PDS Reps hofieren CDU
■ Vor den Bürgermeisterwahlen in den Bezirken: Geschäftsführender Ausschuß von Bündnis 90 lehnt Zusammenarbeit mit PDS ab
Berlin. Kurz vor den Wahlen der Bezirksbürgermeister ist Bewegung in die politische Landschaft Berlins gekommen. Während das Bündnis 90 gestern Absprachen mit der PDS schroff von sich wies, unterbreiteten hingegen die rechtsextremen »Republikaner« (Reps) der CDU ein Kooperationsangebot. Der »Geschäftsführende Ausschuß« von Bündnis 90 lehnte gestern eine »institutionelle Zusammenarbeit« mit der PDS ab. Ebensowenig werde auch »eine exklusive Absprache über eine Mitwahl von PDS-Bürgermeistern« befürwortet, heißt es in einem Schreiben an den PDS-Landesvorstand.
Damit reagierte das Bündnis 90 auf einen Vorschlag des PDS-Landesvorsitzenden Andre Brie vom Freitag vergangener Woche, Gespräche über die gemeinsame Wahl von Bürgermeistern in den Bezirken Mitte, Lichtenberg und Hohenschönhausen zu führen. Nach den Vorstellungen Bries sollten Bündnis 90 in einem und die PDS in zwei weiteren Bezirken den Bürgermeister stellen.
In der Antwort vom Bündnis 90 heißt es, die PDS wolle die Bürgerbewegung »geistig vereinnahmen«. Über einen »Vorstands-Deal« versuche sie, wenigstens zwei Bürgermeister zu retten. Man sehe jedoch keinen Anlaß, das Zeichen einer »Quasi-Koalition« zu setzen. Statt dessen befürworte man »Koalitionen der Sachkompetenz«, eine Zusammenarbeit in Sachfragen sei nie abgelehnt worden.
Brie bezeichnete das Antwortschreiben als »denunziatorisch«. Unabhängig davon halte die PDS ihr Angebot weiterhin aufrecht, »zumal wir beträchtliche Differenzierungen innerhalb der Bürgerbewegung erfahren haben«. Als »lächerlich« bezeichnete er den Vorwurf, daß die PDS im Bündnis 90 »FDJ-Jugendfreunde« oder eine »Blockpartei« sehen würde. Die Bürgerbewegung müsse sich entscheiden, ob sie eine alternative Politik wolle oder die CDU und »ihre Politik der Industrie- und Kulturzerstörung« in Ost-Berlin vorziehe.
Unterdessen scheinen in den Bezirken die Bündnis-90-Politiker weiterhin an Verhandlungen mit der PDS festhalten zu wollen. Die Sprecherin der Bürgerbewegung in Lichtenberg Annette Leo erklärte, man wolle sowohl mit der SPD als auch mit der PDS im Gespräch bleiben. Erstaunt zeigte sich Leo von der Erklärung des SPD-Bezirksbürgermeisters Kindt, der vor einigen Tagen vom Fortbestand des Bündnisses zwischen SPD, CDU und Bündnis 90 gesprochen hatte. Diese Äußerung sei über ihre Köpfe hinweg geschehen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sei man jedoch »für verschiedene politische Konstellationen offen«, so Leo weiter.
Unterdessen hat der »Bundesgeschäftsausschuß« von Bündnis 90 die Absage des Berliner Landesgeschäftsausschusses begrüßt. Der PDS-Vorstoß hätte »offenkundig auf die Hebung des PDS-Ansehens mit Hilfe des Images der Bürgerbewegung« abgezielt.
Die rechtsextremen Reps unternahmen hingegen einen Vorstoß inRichtung CDU. Wie der Landesvorsitzende Werner Müller gestern erklärte, werde seine Partei überall dort »geschlossen« für die CDU- Kandidaten stimmen, wo die Stimmen der Reps für die Wahl des Bürgermeisters ausschlaggebend seien. Dies betreffe neben Tempelhof und Neukölln, wo beide Parteien zusammen die Mehrheit haben, auch Reinickendorf, Wilmersdorf, Charlottenburg und Steglitz. Hier sei man allerdings auch auf die Hilfe der FDP angewiesen. Als Gegenleistung forderte Müller von der CDU »den üblichen demokratischen Respekt«. Die CDU solle sich außerdem in der Stadt für eine »Kurskorrektur« einsetzen, die ein »Gegengewicht zum linken Rand« schaffe. Konkret nannte er eine verstärkte Anwendung des Strafrechts zur Bekämpfung der Kriminalität. Außerdem solle die CDU bei der Vergabe von Sozialwohnungen »Zeichen setzen«.
Bei den Wahlen der Stadtratsposten werde man sich wohl mit den Bereichen Gesundheit- und Umweltschutz begnügen: »Wir müssen nehmen, was übrigbleibt«, so Müller.
Der stellvertretende CDU-Landesgeschäftsführer Konrad Wilczek lehnte gestern das Angebot der Reps ab. Die CDU werde dies »sicher nicht« annehmen. Statt dessen setze man weiterhin auf eine »kooperative Zusammenarbeit« mit der SPD auf Bezirksebene. Es sei nun Aufgabe der SPD, dies ihren SPD-Bezirkspolitikern zu vermitteln. Dazu solle auch das heutige Treffen des Koalitionsausschusses dienen, so Wilczek. sev
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen