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Ein Satellit am Wegesrand

■ 488 Aussteller auf der internationalen Luft- und Raumfahrtaustellung (ILA)/ Rundflüge, Astronauten und 3-D-Kino/ Premiere für Airbus 340, Russen bringen Superflugzeug mit

Wenn der Traum vom Fliegen wahr wird, dann auf dem Flughafen Schönefeld. 488 Aussteller aus 22 Ländern werden ab kommendem Wochenende mehr als 200 Flugzeuge, Hubschrauber und Satelliten präsentieren, 130 Donnervögel und »Libellen« werden tagtäglich abheben und zeigen, was sie in der Luft können. 1912, als die Internationale Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) erstmals in Berlin stattfand, erregte der Doppeldecker »Gelber Hund« noch großes Aufsehen, in diesem Jahr warten Fachleute und das Publikum gespannt auf die Premiere des Großraumflugzeugs Airbus 340 und die russische Iljuschin 114, die selbst Insider bisher »nur von Fotos« kennen.

Die Veranstalter, die Ausstellungs-, Messe- und Kongress GmbH (AMK) sowie der Bundesverband der Deutschen Luftfahrt-, Raumfahrt- und Ausrüstungsindustrie e.V. (BDLI), rechnen während der siebentägigen Ausstellung mit einer halben Million Besucher — die diesjährige ILA verspricht die größte seit ihrer ersten Eröffnung im Sommer 1909 zu werden.

Die Flugzeugmesse findet seit dem Zweiten Weltkrieg erstmals wieder in Berlin statt — nicht nur deshalb, weil am bisherigen Veranstaltungsort Hannover der Flughafen umgebaut wird. Denn die Luftfahrtindustrie möchte ihre Maschinen nicht nur nach Osteuropa fliegen lassen, sondern auch dorthin verkaufen. Berlin sei für erfolgreiche Geschäftsabschlüsse deshalb besonders gut geeignet, weil beispielsweise Kunden aus Polen und der Tschechoslowakei morgens mit ihrem Auto zum Flughafen südlich der deutschen Hauptstadt kommen und abends nach Hause zurückfahren könnten, schätzt Wolfgang Rogall von der AMK.

Da Messen nicht nur den Sinn haben, Anbietern möglichst gute Umsätze zu verschaffen, sondern auch das Branchenimage aufzupolieren, haben die Aussteller bei ihren Veranstaltungen und Produktschauen das Publikum nicht vergessen. Die europäische Weltraumorganisation ESA und die deutsche Agentur für Raumfahrtangelegenheiten (DARA) haben das Weltraumlabor Columbus, das Raumfahrzeug Hermes und die Trägerrakete Ariane sozusagen aus dem Universum in die Halle C geholt. Auch Astronauten, Techniker und Manager der Weltraumindustrie greifen eine Woche lang nicht nach den Sternen — sie halten Vorträge und beantworten den Besuchern jede Frage. Kinder wie Erwachsene haben gar die Möglichkeit, die Erde ohne Rakete zu verlassen: Ein dreidimensionales Kino zeigt das Weltall »live«. Die scheinbar uneigennütze »Entführung« in das All hat einen ernsten Hintergund. Zunehmend verlieren Bürger das Verständnis für Weltraumforschung — doch die verlorengegangene Faszination soll wiedererweckt werden. Denn die knapp 1,8 Milliarden Mark, die DARA jedes Jahr aus dem Bonner Staatssäckel erhält, sollen auch im nächsten Jahr wieder fließen.

Auf dem »Luftfahrt-Forum« in Halle H wollen Piloten, Ingenieure und »Macher der Luftfahrt« über die Zukunft des Luftverkehrs, über umweltfreundliche Werkstoffe im Flugzeugbau, leisere Triebwerke und über das Warum und Wie des Airbus- Erfolgs berichten. Über das gesamte Ausstellungsgelände zieht sich darüber hinaus ein »grüner Weg«. Ein spezielles Symbol kennzeichnet auf dem Ökopfad die »umfassenden Leistungen« der Luft- und Raumfahrt für die Umwelt. Am Wegesrand trifft der Wanderer Satelliten und Flugzeuge, die als »Umweltspione« Ozonlöcher, Waldschäden, Gewässerverschmutzung und Umweltsünder entdecken. Doch trotz aller ökologischer Anstrengungen steht die Flugzeugindustrie vor dem gleichen Problem wie Autohersteller mit ihren Katalysatoren: Weil immer mehr geflogen wird, werden trotz sparsamerer Antriebe jedes Jahr mehr Schadstoffe in den Himmel gepustet. Das wird sich vorerst auch kaum ändern, wie selbst Hans-Peter Reichow, Lufthansa-Beauftragter für Umweltfragen, gegenüber der taz zugeben muß.

Wie bei allen Großveranstaltungen ist es auch bei ILA selbstverständlich, daß Besucher nicht mit dem Auto kommen sollten. Das Ausstellungsgelände liegt auf dem südlichen Teil des Flughafens Schönefeld und ist nicht über das Flughafengebäude im Norden zu erreichen. Polizei und Brandenburgs Verkehrsminister Jochen Wolf raten ausdrücklich, mit der Bahn anzureisen. Für Berliner warten kostenlose Bus- Shuttles am U-Bahnhof Rudow und S-Bahnhof Altglienicke, sowie kostenlose Eisenbahn-Shuttles am U-/S-Bahnhof Lichtenberg, S- Bahnhof Schöneweide und S- Bahnhof Schönefeld. Am Wochenende werden die Zufahrtsstraßen um das Ausstellungsgelände weiträumig abgesperrt. Autofahrer können in Dahlewitz und bei Tollkrug auf den Bus umsteigen. Dirk Wildt

ILA, Montag, 15.6. bis Sonntag, 21.6., bis 17.6. nur Fachbesucher (Eintritt 21 Mark), am 18.6. Fachbesucher- und Publikumstag (Eintritt 21 Mark), ab Freitag, 19.6. Publikum (Eintritt 17 Mark). Täglich werden Maschinen zwischen 10.30 Uhr bis 12.30 Uhr und 14.30 Uhr bis 16.30 Uhr in der Luft vorgeführt. In der Mittagspause sollen geräuscharme Flieger präsentiert werden. Seit dem Unfall in Ramstein 1988 sind Formationskunstflüge von Düsenmaschinen verboten und darf auch nicht mehr über die Köpfe des Publikums geflogen werden.

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