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MIT DER DEREGULIERUNG AUF DU UND DUBritish Coal — ein Ladenhüter

Das Kohleunternehmen soll 1993 privatisiert werden  ■ Von Ralf Sotscheck

London (taz) — Nachdem die Torys im April zum vierten Mal hintereinander die britischen Wahlen gewonnen haben, steht einer weiteren Privatisierung staatlicher Unternehmen nichts mehr im Wege. Doch während Öl-, Gas- und Elektrizitätsunternehmen längst verscherbelt und die Erlöse inzwischen verpraßt sind, entwickelt sich die Kohleindustrie immer mehr zum Ladenhüter. Nun soll ausgerechnet die ungeliebte British Coal im nächsten Jahr zum Kauf angeboten werden.

Als British Coal 1947 verstaatlicht wurde, besaß die Firma 1.400 Bergwerke, heute sind es noch 49. Zwar hat die radikale Schrumpfung 1991 zum ersten Mal seit 13 Jahren wieder zu Gewinnen geführt, doch die stehen auf wackligen Füßen. Der überwiegende Teil der jährlich geförderten 91 Millionen Tonnen wandert an die Elektrizitätswerke. Seit der Privatisierung der Stromindustrie ist die Zukunft der langfristigen Verträge jedoch in Frage gestellt. Die Stromindustrie hat bisher eine lukrative Prämie für die britische Kohle gezahlt. Diese Prämie entfiele, sollte British Coal in ausländische Hände fallen. Damit würde das Interesse an dem Unternehmen jedoch schlagartig nachlassen. Und ob die einheimischen privaten Kohlefirmen finanzkräftig genug sind, um British Coal zu übernehmen, ist ungewiß. Richard Budge, Vorsitzender von „Budge Mining“, ist davon überzeugt, daß er die derzeitigen Kosten des Staatsunternehmens um 20 Prozent senken kann. „Während ein Bergwerk in Australien 50 Tonnen pro Schicht fördern kann, produziert British Coal mit viel Glück gerade 12 Tonnen“, sagte der Direktor einer anderen Privatfirma.

Die Handelsbank Rothschild, von der sich die Regierung bei der Privatisierung beraten läßt, hält lediglich zwölf Bergwerke für profitabel. Eins der Bergwerke bei Rotherham, das im Dezember wegen angeblicher „geologischer Probleme“ geschlossen wurde, wollen die Bergarbeiter nun selbst übernehmen. Am Wochenende gründeten die drei Gewerkschaften eine Firma, die über 800.000 Pfund Stammkapital wurden von den Bergarbeitern aufgebracht, die ihre Entlassungsabfindungen eingezahlt haben. Paul Roddis von der Gewerkschaft NUM ist optimistisch: „Hier lagern 20 Millionen Tonnen Kohle.“ Doch der Labour- Abgeordnete Kevin Barron fürchtet, daß British Coal das Angebot aus Angst vor der Konkurrenz ablehnen wird.

Noch steht nicht fest, in welchen Paketen die Regierung British Coal anbieten wird. Es ist kaum anzunehmen, daß der gewinnbringende Tagebau separat verkauft wird, sondern in Verbindung mit wenig rentablen unterirdischen Bergwerken. Experten rechnen damit, daß US-Firmen wie Peabody Interesse zeigen könnten, um sich auf dem europäischen Markt zu etablieren. Malcolm Edwards glaubt, daß auch südafrikanische Unternehmen zu den potentiellen Käufern zählen: „Sie wollen sich dadurch internationales Prestige kaufen.“

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