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Polizei weist Schuld an Massaker zurück

Nach dem Tod von 39 Menschen in Südafrika kündigt Staatschef de Klerk Untersuchung an/ Verdacht gegen Inkatha-Mitglieder verstärkt sich/ Polizei: Informant lockte uns in die falsche Richtung  ■ Aus Johannesburg Hans Brandt

Eine unabhängige Kommission wird sofort mit einer Untersuchung des Massakers beginnen, bei dem in der Nacht zum Donnerstag mindestens 39 Menschen in einer Slumsiedlung bei Boipatong südlich von Johannesburg ermordet wurden. Die Polizei wies Vorwürfe zurück, sie habe das Massaker geduldet oder gar aktiv unterstützt. Präsident Frederik de Klerk sagte, er habe mit Schock und Empörung von dem Massaker gehört. Die Täter würden vor Gericht gebracht, versicherte er.

Häuptling Mangosuthu Buthelezi, Präsident der Zulupartei Inkatha, dementierte am Freitag, daß die Führung der Partei gewußt habe, daß die „unmenschliche Aktion“ in Boipatong geplant war. Er schloß jedoch nicht aus, daß die Täter Inkatha- Mitglieder waren. „Inkatha-Mitglieder, die so etwas tun, müssen wissen, daß sie meine gesamte Arbeit, eine gerechte Gesellschaft zustande zu bringen, untergraben“, sagte Buthelezi. Er rief Nelson Mandela, den Präsidenten des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC), dazu auf, mit ihm gemeinsam zum Frieden aufzurufen.

Indessen häufen sich Vorwürfe gegen Inkatha-Anhänger. Sogar die Polizei glaubt inzwischen, daß es sich bei den mehr als 200 Angreifern um Bewohner eines Heimes für Wanderarbeiter in der Nähe von Boipatong handelte. Polizisten verhandelten am Freitag jedoch mit Inkatha- Vertretern, die eine Durchsuchung des Heimes und eine Befragung der Bewohner ermöglichen wollten. Über das Heim wurde eine Ausgangssperre verhängt, die von Armeesoldaten durchgesetzt werden soll.

Die Polizei steht selbst unter starkem Druck. überlebende des Massakers berichten übereinstimmend, daß die Angreifer in Panzerwagen der Polizei nach Boipatong gebracht wurden. Und hochrangige Polizisten haben bestätigt, daß sie schon mehrere Stunden vor dem Massaker von einem bevorstehenden Angriff in der Region unterrichtet wurden. Dennoch wurde der Angriff nicht verhindert.

In einer ANC-Erklärung wird behauptet, daß die Polizei kurz vor dem Massaker mit Tränengas Jugendliche auseinandertrieb, die sich zur Abwehr auf der Straße versammelt hatten. Der ANC behauptet auch, daß sich Polizisten an dem Angriff beteiligten, daß Polizeifahrzeuge benutzt wurden, um Häuser zu demolieren.

Die Polizei reagierte auf die Vorhaltungen mit der Angabe, ein Informant habe die Ordnungskräfte „in die falsche Richtung“ geschickt. Ein Anrufer habe mitgeteilt, das Massaker solle in einer etwa 10 Kilometer entfernten Siedlung verübt werden. Daraufhin sei eine Einsatztruppe dorthin ausgerückt.

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