: Realsatire
■ vom Deutschen Klingenmuseum Solingen
Herrn
S.M.R. Motamedi
Friedrich-Engels-Allee 176
5600 Wuppertal 2
Ihre Einlieferung zur 46.Bergischen Kunstausstellung
lfd. Nr. 396/5.6.1992
Sehr geehrter Herr Motamedi,
ich habe heute mehrfach vergeblich versucht, Sie telefonisch zu erreichen. Ich teile Ihnen daher auf diesem Wege mit, daß ich aus hygienischen Gründen Ihre zur Jurierung eingereichte Arbeit „Geschwister“ aus den Ausstellungsräumen habe entfernen lassen müssen.
Ich vertrete innerhalb unseres Hauses die Belange der Bildenden Kunst. Gleichzeitig bin ich aber ebenfalls für das gesundheitliche Wohlergehen meiner Mitarbeiter und der Museumsbesucher verantwortlich. Gesundheitliche Gefährdungen z.B. durch Gefahrstoffe sind, sobald sie bekannt werden, von mir einzugrenzen bzw. abzustellen. Das gleiche gilt für die hygienischen Verhältnisse im Haus. Bei einer Abwägung dieser beiden Bereiche — die Freiheit der Kunst einerseits und das gesundheitliche Wohlergehen der mir Anvertrauten andererseits — muß ich mich in diesem Falle wie oben beschrieben entscheiden.
Ich werde diese Entscheidung der Jury zur eigenen Urteilsbildung mitteilen.
Ich biete Ihnen an, noch am Dienstag, dem 9.6.1992 eine hygienisch nicht zu beanstandende Arbeit einzureichen.
Das gleiche gilt sinngemäß für die von Ihnen sofort wieder mitgenommene Arbeit „Thunfischdosen haben Vorurteile gegen Rindergulasch“. Auch für diese kann von Ihnen eine hygienisch nicht zu beanstandende Arbeit abgeliefert werden.
Mit freundlichen Grüßen
Hans Knopper M.A.
Stellv. Museumsleiter
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