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Für Schule Schmidtstraße fügt sich's weniger glücklich

■ Ganz unbürokratisch schnell darf OVG in alte Villa / Heck wünscht sich ähnliches Engagement für überfüllte Schule

Am vergangenen Freitag bekam Ortsamtsleiter Hucky Heck (Bremen-Mitte) noch späten Besuch: Ein Herr vom Bauamt. Der wollte die Zustimmung des Ortsamtes zu einer „Nutzungsänderung“ einholen, auf dem kurzen Dienstweg und persönlich sozusagen: In die Villa am Osterdeich 17, in der bis Januar die Abteilung Musik der Hochschule Bremen residiert hatte, soll das Oberverwaltungsgericht (OVG) einziehen. Am 12.6. hatte der Haushaltsausschuß 2,4 Millionen für den Umbau bewilligt, dem Hochbauamt war dann Anfang Juli aber aufgefallen, daß eine „Nutzungsänderung“ vorliegt und dazu nach Ortsamtsgesetz die Stellungnahme des betroffenen Beirates einzuholen ist. Die Richter sitzen allerdings längst in der Villa. Heck stimmte zwischen Tür und Angel nicht zu, zumal der zuständige Beirat in der Ferienzeit nicht gefragt werden kann.

Der Ortsamtsleiter war zudem höchst verärgert: Als er im vergangenen Jahr sein Auge auf dieses Gebäude Osterdeich 17 geworfen hatte, damit die Frauen- Gleichstellungsstelle und das „Haus der Familie“ aus den Schulräumen Schmidtstraße ausziehen können, daß hieß es: Die Renovierung der Villa wäre zu teuer, sie soll verkauft werden. Heck: „Ich war völlig überrascht, daß das OVG in das Gebäude gehen sollte, das für mich die Lösung der Problenme in der Schmidtstraße bedeutet hätte.“

Seit Jahren wartet die Leiterin der Schule Schmidtstraße, Christel von Bloh, darauf, daß sie ordentlichen Schulraum für ihre Kinder bekommt. Denn in der Zeit abnehmender Schülerzahlen wurde ein Teil der Schulräume für BUND, Gleichstellungsstelle und „Haus der Familie“ umgebaut, die Klassenzimmer werden längst wieder für die zunehmende Zahl der Kinder gebraucht. Zudem sind im Februar vier „Mobilbau“-Klassen geschlossen worden — wegen Asbest. Die Raumsituation der Schule Schmidtstraße ist also untragbar, „es ist sehr viel Idealismus erforderlich, um hier überhaupt Schulunterricht zu ermöglichen“, sagt Leiterin von Bloh. Von der Behörde kommen seit Jahren nur Versprechungen, sie ist resigniert: „Ich hab' keine Ideen mehr“. Bildungssenator Scherf habe einmal die neuen alten Räume „bis zum nächsten Schuljahr“ versprochen — „aber das war zum letzten Schuljahr.“

So hatte der Ortsamtsleiter Heck gleich an die Fremdnutzer in der Schule gedacht, als er von der freien Villa Osterdeich 17 hörte. Für die Gleichstellungsstelle allein wäre das Haus zu groß gewesen, mit „Haus der Familie“ zusammen wäre vielleicht ein Paket zu schnüren gewesen — aber schon die erforderlichen Sanierungskosten schreckten Gleichstellungsleiterin Ursel Kerstein ab. Zudem war klar: Bremen wollte verkaufen und mit der Villa Geld machen.

Für die Gleichstellungsstelle sind inzwischen Räume in der Knochenhauerstraße vorgesehen, mit der Renovierung kann aber noch nicht begonnen werden. Denn während die 2,4 Millionen für das OVG längst „durch“ sind, sind die erforderlichen 200.000 für die Gleichstellungsstelle noch nicht bewilligt. Wann das „Haus der Familie“ umziehen kann, steht in den Sternen.

Bei dem Verwaltungsgericht, so erläutert Finanz-Staatsrat Hartwig Heidorn, „war ein akuter Bedarf da“, 12 neue Richter sollten zur Beschleunigung der Aylverfahren eingestellt werden und mußten Arbeitsmöglichkeiten bekommen. Nun war, als das bekannt wurde, gerade das Sozialgericht in der Contrescarpe umgezogen, ein Gerichtsgebäude in bremischem Besitz also, frei. „Wegen des hohen Sanierungsbedarfs“ sei es ausgeschlossen gewesen, das Haus als Gericht zu nutzen, geschätzte Kosten damals, so Heidorn: „über eine Million Mark“.

OVG-Präsident Pottschmidt wollte zudem die vorher entstandene räumliche Enge bei den Verwaltungsrichtern ausgleichen und so entstand die Idee, nicht für die 12 neuen Asylrichter neue Räume zu suchen, sondern für das gesamte OVG, das bisher mit dem Verwaltungsgericht zusammen am Altenwall residiert. Dafür allerdings, so Pottschmidt, war das Haus in der Contrescarpe auch zu klein. Die Finanzbehörde gab ihre Pläne auf, die Villa am Osterdeich zu verkaufen, kaum sechs Monate später beschloß der Haushaltsausschuß dafür 2,4 Millionen.

Der Ortsamtsleiter Heck ist stocksauer. Daß Behördenmitarbeiter freitags mittags unterwegs sind, hätte er im Falle der Raumprobleme der Schule Schmidtstraße auch einmal gern gesehen. Finanz-Staatsrat Heidorn findet den Eindruck, hier werde mit zweierlei Maß der Klassenraumbedarf einer Schule und das Platzproblem des Gerichts behandelt, geradezu „abwegig“. Daß die Schule drei Jahre warten muß, und in dem anderen Falle in kürzester Zeit zu dem „akuten Bedarf“ die passende Villa plus Millionen bereitstehen ist für ihn eher ein glücklicher Zufall. Heidorn: „Das fügt sich leider nicht überall in gleicher Weise so.“ K.W.

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