: Radio Bremen schafft Wirtschaft ab
■ Wirtschaftsredakteure wollen nicht ins Fließprogramm
Radio Bremen will die Wirtschaft abschaffen. Mit dieser Hiobsbotschaft wenden sich die betroffenen Redaktions-Kollegen an ihren Redakteursausschuß. Während im bisherigen Hörfunk-Programm der Hansawelle von Radio Bremen Platz für Spezial-Sendungen wie Hörspiele oder eben den Wirtschaftsfunk war, soll in Zukunft „Fließprogramm“ durchgesendet werden: Musik, hin und wieder unterbrochen durch Werbung und, wenn's sein muß, teuer produzierten redaktionellen Text. Dies ist die Devise bei den Privaten und zunehmend auch bei den einnahmeträchtigen Programmen der öffentlich- rechtlichen Sender. Zwar hat der Wirtschaftsfunk, der früher „Brutto-Netto“ hieß und seit Oktober 1990 den schlichten Titel „Wirtschaft“ trägt, zwischen 17.45 und 18 Uhr im populären ersten Programm keinen prominenten Sendeplatz, um die komplizierten Wirtschaftsthemen möglichst einfach verpackt an die Hörerschaft zu bringen. Aber immerhin hatte Radio Bremen wie alle anderen Hörfunk-Anstalten der ARD eine eigene Wirtschafts- Sendung und „Abfall-Produkte“ aus dieser kleinen Fachabteilung konnten auch immer wieder die anderen Sendungen am Tage bereichern.
Das Argument, wenn die Spezialsendung abgeschafft sei, gebe es im Fließprogramm mehr Platz für Wirtschaftsthemen, mögen die Wirtschaftsredakteure nicht glauben. In der Konkurrenz mit den komplizierten Wirtschaftsthemen fänden auf den Redaktionssitzungen in aller Regel populärere bunte Themen den Vorzug der Programmplaner. Zweitens besteht die Wirtschaftsredaktion mit Wilhelm Bartnik aus einem (in Ziffern: 1) festangestellten Redakteur, der mit freien Mitarbeitern arbeitet. Die Freien würden aber, wenn sie keinen festen Sendeplatz mehr haben, sich automatisch um Anbindung und damit kalkulierbaren Aufträgen bei anderen Redaktionen bemühen und werden, so die Argumentation der Wirtschaftsredaktion, jetzt schon abgeworben.
Fazit: „Der Informationspool Wirtschaftsredaktion verkümmert“, eine Spirale nach unten komme in Gang: kein Fachpersonal, keine Hintergrund-Recherchen, keine Analysen, die „Wirtschaftsbeiträge von Radio Bremen verflachen“. Damit werde auch die Zulieferung von Wirtschaftsthemen für die Fach-Sendungen anderer Hörfunk-Anstalten kaum noch stattfinden. Schließlich: „Wenn Radio Bremen diese Funktion nicht mehr erfüllt, wird es schwieriger, die Eigenständigkeit der kleinsten ARD-Anstalt zu rechtfertigen.“ K.W.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen