: „Mit Junkies in den Plenarsaal“
■ Anwohner-Initiative gegen Junkies im Ostertorpark fordert Hilfen jetzt!
Die „Arbeitsgemeinschaft Anwohner und Drogenkonsumenten“ rund um den Ostertorpark stellte gestern in einer Pressekonferenz ihre Forderungen vor. Nach der Einwohnerversammlung vor gut drei Wochen hatte sich eine Initiative gebildet, die den Senat dazu bringen will, drogenpolitisch Farbe zu bekennen. Zum ersten Mal konnten sich Anwohner und Junkies auf ein gemeinsames Papier einigen. Neu ist auch der Nachdruck, mit dem die Forderungen vorgetragen werden: Die Initiative fordert ein drogenpolitisches Sofortprogramm, das sofort in den laufenden Haushaltsberatungen abgesichert werden soll. Die Geduld der AnwohnerInnen, so viel scheint deutlich, ist vorbei. Für die erste Augustwoche sollen die Fraktionsspitzen der Bürgerschaft eingeladen und der politische Druck weitergegeben werden.
Inhaltlich bietet der Forderungskatalog wenig Neues. Bei den Diskussionen der Anwohner und der Junkieinitiative JES ist „im Moment nichts mehr herausgekommen, als das 102te Papier, dessen Forderungen schon alle kennen“, so Mathias Siebert, einer der vier Sprecher.“Aber was bleibt uns anderes übrig?“ Im Viertel hat sich eine explosive Stimmung zusammengebraut, das betonten die SprecherInnen der Initiative immer wieder. Wenn sich die Politik nicht schnell bewegt, „dann weiß ich nicht, eie lange das Viertel das noch aushält“, meinte Dieter Büsing. „Das Faß ist voll.“
Die Prioritätenliste der Initiative ist klar: zuallererst und so schnell wie irgend möglich soll Wohnraum für die Junkies geschaffen werden. Nur wenn die Obdachlosigkeit unter den Abhängigen beseitigt werden könne, wäre Repression durch die Polizei sinnvoll. Um das Viertel mittelfristig zu entlasten, soll es nach Meinung der Initiative niedrigschwellige Angebote für Junkies in allen Stadtteilen geben. Dazu soll das Methadonprogramm ausgeweitet, ein Nachsorgeprogram für Therapie-und Haftentlassene eingerichtet und die Prävention verstärkt werden.
„Das ist ein Kompromißpapier, aber wir stehen dahinter“, meinte Rolf Bösche, selbst substituiert. Er hätte gerne einen Passus über die Legalisierung von Heroin und über Druckräume gesehen. Doch darauf hatte sich die Initiative nicht einigen können. Inge Steinecke, eine der SprecherInnen: „In dem Papier steckt das Vertrauen, doch noch mit Argumenten überzeugen zu können.“ Und Dieter Büsing ergänzte: „Aber wenn Politik wieder nicht reagiert, dann müssen wir eben mit vielen Junkies in den Plenarsaal gehen.“ J.G.
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