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Doch Generalstreik in Südafrika

Abkommen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern gescheitert/ Boipatong-Bericht vorgelegt  ■ Aus Johannesburg Hans Brandt

Der Versuch südafrikanischer Gewerkschaften und Arbeitgeber, ein Abkommen zu erzielen, um einen für Anfang August geplanten mehrtägigen Generalstreik zu verhindern, ist am Mittwoch abend nach zweiwöchigen Verhandlungen gescheitert. Der Afrikanische Nationalkongreß (ANC) und seine Verbündeten kündigten gestern an, daß am 3. und 4. August gestreikt werden soll. In den darauffolgenden Tagen sollen Städte lahmgelegt und Regierungsgebäude besetzt werden.

Der Arbeitgeberverband Saccola und die Gewerkschaftsföderation Cosatu machten sich gegenseitig für das Scheitern der Gespräche verantwortlich. Ein Entwurf des Abkommens hatte vorgesehen, den Streik durch eine freiwillige eintägige Stillegung aller Betriebe zu ersetzen. Außerdem sollten Arbeitgeber Druck auf die Regierung ausüben, um noch vor Ende des Jahres eine verfassunggebende Versammlung zu ermöglichen. Auch Zusammenarbeit zwischen Gewerkschaften und Wirtschaftsverbänden war vorgesehen. Beide Seiten betonten, daß sie diese Teile der Gespräche fortsetzen wollen.

Mit seiner seit Mitte Juni laufenden Protestwelle will der ANC Druck auf die Regierung ausüben, um die politische Gewalt zu beenden und in Verhandlungen über die Zukunft des Landes Zugeständnisse zu machen. Er will Forderungen durchsetzen wie die Kontrolle von Wohnheimen für Wanderarbeiter, die oft im Zentrum von Gewaltausbrüchen stehen, und bessere Kontrolle der Sicherheitskräfte. Bei Besetzungen von Regierungsgebäuden und Straßendemonstrationen wurden in dieser Woche mehr als 1.000 ANC-Anhänger verhaftet.

Kritik des ANC an den Sicherheitskräften wurde gestern bekräftigt durch den Bericht eines britischen Polizeiexperten, der das Verhalten der südafrikanischen Polizei im Umgang mit dem Massaker von Boipatong Mitte Juni untersucht hatte. Das Massaker, in dem mehr als 40 Menschen ermordet wurden, hatte zum Abbruch von Verhandlungen mit der Regierung durch den ANC geführt. In seinem Bericht wirft P.A. Waddington der Polizei mangelnde Kontrollstrukturen und Planung, unstrukturierte Untersuchungsmethoden und schlechte Beziehungen zur Bevölkerung vor. Waddington räumt jedoch ein, daß es keine Hinweise dafür gibt, daß die Polizei selbst an dem Massaker beteiligt war. Andererseits schreibt der Experte, das die Polizei im Umgang mit den Bewohnern des Heimes für Wanderarbeiter, die vermutlich das Massaker verübten, sehr viel höflicher war als im Umgang mit der Bevölkerung von Boipatong. Der ANC sagte, daß der Waddington-Bericht seine wiederholt vorgetragene Kritik an der Polizei bestätige.

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