: Kauf Dir olympische TV-Häppchen
Finanzielles Fiasko durch Olympia-Flop beim US-Fernsehsender NBC ■ Aus Walnut Creek H.-H.Kotte
Hohe Verluste trotz Goldmedaille im Dauersenden: Auch wenn das US- Fernsehnetwork NBC in diesem Sommer mit seinen 161 Stunden Olympia-Berichterstattung alle Konkurrenten in Grund und Boden sendete, wird Barcelona 1992 für den TV-Konzern vermutlich ein Minus von 30 bis 40 Millionen Dollar bringen. Das räumten NBC-Manager gegenüber dem US-Nachrichtenmagazin Time ein. Der Erwerb der Senderechte hatte NBC 401 Millionen Dollar gekostet.
Der Grund für die roten Zahlen ist ein neues Pay-per-View-System, das mit viel Werbeaufwand auf dem Markt etabliert werden mußte und längst nicht so gut angenommen wurde, wie erwartet. Die Verluste des Pay-per-View-Systems mit dem Namen „Triplecast“, das neben dem üblichen NBC-Programm auf drei Zusatzkanälen ausgestrahlt wird, konnten auch durch Top-Einschaltquoten an allen Tagen der ersten olympischen Woche nicht aufgefangen werden. NBC schlug mit einer durchschnittlichen Einschaltquote seines Hauptprogramms von 20,2Prozent die Konkurrenten ABC, CBS und Fox, die überwiegend Wiederholungen zeigten, weit aus dem Äther.
Am Donnerstag, dem 30.Juli, soll die Einschaltquote von NBC sogar 40 Prozent erreicht haben. Die Mitbewerber von NBC rangierten mit ihrem Programm bei durchschnittlichen sechs bis acht Prozent.
Triplecast war bereits vor Monaten vorgestellt worden. Weil der Vorverkauf nur schleppend anlief, hagelte es bald negative Berichte und böse Witze in Talkshows, die ein finanzielles Fiasko voraussagten. Immerhin, kostenlose Promotion für Triplecast.
Die drei werbefreien Zusatzkanäle von Triplecast laufen rund um die Uhr, zwölf Stunden davon live. Die ZuschauerInnen konnten ein 15-Tage-Paket für stolze 125 Dollar oder eine Tagesration für 29,95 Dollar erwerben. Statt der erwarteten zwei Millionen Käufer konnte Triplecast laut unabhängigen Schätzungen nur rund 125.000 mal abgesetzt werden, NBC selbst sprach von 200.000 bis 250.000 Verkäufen. Trotz Preissekungen im Verkauf der ersten Olympia-Woche wird Triplecast seine Produktions- und Werbekosten von rund 100 Millionen Dollar nicht mehr einspielen können.
Im Gegensatz zum eigentlichen NBC-Programm ist die Echtzeitberichterstattung von Triplecast nur mit einem sehr zurückhaltenden Kommentar versehen, die Wettbewerbe werden in voller Länge gezeigt. Auf Hintergrundberichte oder lustige Geschichten am Rande hatte NBC in dem Pay-TV-Programm verzichtet. Fernsehkritiker in den US-Printmedien bemängelten dann auch prompt die leblose Übertragung. So sei etwa nach dem Wettspringen um die Goldmedaille im 10-m-Turmsprung die Kamera ganze 15Minuten auf das leere Schwimmbecken gerichtet gewesen, und bei entscheidenden Ereignissen habe es an Kommentar und journalistischer Einschätzung gefehlt. Das mit Werbespots bis zum Platzen vollgestopfte NBC-Programm triefe hingegen vor olympischer und nationaler Emotion. Tiefpunkt zwischen den olympischen Häppchen waren Musikvideos — etwa von Eric Clapton —, die mit Sportbildern zu zuckersüß menschelnden Heldenepen vermischt wurden.
Experten aus der TV-Industrie erklärten den NBC-Flop beim Pay-per- View mit zu hohen Preisen für den Durchschnittskonsumenten und einem Mangel an speziellen Angeboten, etwa für Box- und Basketball- Fans. Einige gewinnen dennoch den Verlusten etwas Positives für die Zukunft ab. Triplecast sei ein erster Test von Pay-per-View im Sportbereich gewesen, der die Konsumenten an dieses Konzept gewöhne. Bei der nächsten Olympiade 1996 im US- amerikanischen Atlanta sei die Technik dann soweit, daß die Konsumenten auch sehr kleine Portionen TV- Olympia kaufen könnten. „Du schaltest nur noch deinen Fernseher an, und schon fängt eine Uhr an zu laufen“, erklärte Barry Gould von der Zeitschrift Per-View Update dem Nachrichtenmagazin Time.
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