: König Momper laufen die Untertanen weg
■ Aufstand in der SPD wegen Mompers Einstieg bei Ellinghaus/ Rechter Flügel fordert seinen Rücktritt/ Rivale Ditmar Staffelt bläst zur Attacke
Berlin. Der Mann mit dem roten Schal muß vielleicht schon bald seinen Hut nehmen. Nach seinem Einstieg in die Immobilienfirma Ellinghaus (siehe Bericht nächste Seite) sieht sich SPD-Chef Walter Momper in seiner Partei nun einem flügelübergreifenden Aufstand gegenüber. Vertreter der drei rechten Kreisverbände Steglitz, Neukölln und Wedding forderten gestern offen seinen Rücktritt. Als Nachfolger werden der Kreuzberger Bundestagsabgeordnete Gerd Wartenberg, Fraktionschef Ditmar Staffelt und — am Rande — Bürgermeisterin Christine Bergmann gehandelt.
»In der Partei ist die Hölle los«, meinte Staffelt, der am Mittwoch aus dem Urlaub zurückgekehrt war. Der Fraktionschef, der als größter innerparteilicher Rivale von Momper gilt, griff den Parteichef gestern erstmals offen an. Die Doppelrolle als Immobiliengeschäftsmann und SPD-Chef sei »hochproblematisch und explosiv«, sagte Staffelt zur taz. Die Partei müsse jetzt in ihren Gremien, etwa im Geschäftsführenden Landesvorstand am Montag, über Konsequenzen beraten. Der Fraktionschef wollte sich nicht zu der Frage äußern, ob er selbst als Parteichef zur Verfügung stünde. Statt dessen stimmte er ein Loblied für Gerd Wartenberg an. »Er könnte das ganz prima«, meinte Staffelt.
Die Parteirechte schoß unterdessen aus allen Rohren gegen den von ihr seit jeher ungeliebten Vorsitzenden. Die Arbeit bei Ellinghaus sei »nicht vereinbar mit dem politischen Spitzenamt der SPD«, sagte der einflußreiche Steglitzer Abgeordnete Klaus Böger. Im Wedding, so Baustadtrat Bernd Schimmler, fordern »der größte Teil der Mitglieder und Funktionäre«, daß Momper bereits jetzt sein Amt ruhen läßt und nicht den Landesparteitag Ende Oktober abwartet. Auch in Neukölln, wo Momper seinen Wahlkreis hat, sind die Sozis auf den Barrikaden. Abgeordnetenhausvizepräsidentin Marianne Brinckmeier: »Mit Momper geht es nicht mehr. Weite Teile der Partei sehen das genauso.«
Auch die Parteilinken, unter denen Momper in letzter Zeit noch einige Freunde hatte, wollen ihren Chef nicht mehr bedingungslos stützen. »Ich bin sehr skeptisch, ob die SPD die Doppelrolle von Momper aushalten kann«, sagte der Kreuzberger SPD-Chef Peter Strieder, der in der Vergangenheit fast immer auf der Seite des Parteichefs stand. Auf einem Treffen Mitte nächster Woche werde die Linke ihre Position festlegen. Er schließe »überhaupt nicht« aus, so Strieder, daß die Linken Mompers Rücktritt fordern werden.
Die Vertreter der rechten Kreisverbände, die schon seit längerem versucht hatten, Staffelt zu einer Kandidatur für den Landesvorsitz zu bewegen, forderten den Fraktionschef gestern offen auf anzutreten. »Ich bin jetzt erst recht für Staffelt«, sagte Brinckmeier zur taz. Auch Wartenberg wäre »keine schlechte Wahl«, doch habe sie Zweifel, »ob er ein richtiger Parteiführer wäre«. Die Vertreter des linken Flügels scheinen dagegen eine Kandidatur von Wartenberg zu bevorzugen.
Wartenberg selbst äußerte sich gestern nicht. Dem Vernehmen nach wäre er zu einer Kandidatur nur dann bereit, wenn Momper selbst seinen Verzicht erklären würde. Danach sah es gestern noch nicht aus. »Ich bin Landesvorsitzender und werde, wenn man mich wieder nominiert, auch wieder kandidieren«, erklärte der Noch-Parteichef. hmt
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