MIT DER AGRARLOBBY AUF DU UND DU: Wie „bio“ ist Raps-Diesel?
Bauern kämpfen gegen Umweltbundesamt-Studie ■ Aus Berlin Hannes Koch
Wenn es um Subventionen für die deutschen Bauern geht, sollen ökologische Argumente zurückgestellt werden. Der vom Freiherrn von Heeremann geführte Deutsche Bauernverband (DBV) und das Bundeslandwirtschafts-Ministerium üben zur Zeit entsprechend Druck aus auf das Umweltbundesamt (UBA). Die Behörde in Berlin war in einer Studie zu dem Ergebnis gekommen, daß KFZ-Brennstoff aus Rapsöl keine ökologischen Vorteile gegenüber Treibstoff auf Rohöl-Basis hat. Bislang haben die Bauernfunktionäre erreicht, daß sich die Veröffentlichung der Studie wesentlich verzögert.
„Die Bewertung des Umweltbundesamtes wies erhebliche fachliche Mängel auf“, sagte Hans-Jürgen Bertram, Referent für Ölsaaten beim Deutschen Bauernverband in Bonn. Und Rosemarie Wilke, Pressesprecherin des Bundeslandwirtschafts-Ministeriums, assistiert: „Wir hoffen, daß sich eine andere Bilanz ergibt, wenn alle wissenschaftlichen Ergebnisse einbezogen sind.“ Durch Berichte der taz aufgeschreckt, rückte der DBV vor einigen Wochen zu einer Diskussionsrunde des Umweltbundesamtes in Berlin an. Mit am Tisch saßen auch die Hilfstruppen des Bauernverbandes: die „UFOP — Union zur Förderung von Öl- und Proteinpflanzen“. Diese Interessenvertretung von Pflanzenzüchtern und -verarbeitern ist mit dem DBV über ihren Geschäftsführer eng verbunden: Es ist DBV-Referent Bertram.
Die Agrarlobbyisten argumentierten, daß durch die Verbrennung von Rapsmethylester in KFZ-Motoren der Ausstoß von Gasen, die den Treibhaus-Effekt beschleunigen, reduziert werden könne. Im Vergleich zu herkömmlichem Diesel entwickle der „Bio-Treibstoff“ nur 35 bis 60 Prozent des Kohlendioxids. Dieser Vorteil werde auch durch das bei der Düngung der Rapsfelder entstehende Lachgas nicht zunichte gemacht. Axel Friedrich, der für die Raps-Studie verantwortliche Mitarbeiter des UBA, sieht das anders: „Das Lachgas frißt die CO2-Reduzierung wieder auf.“ Lachgas beschleunige den Treibhauseffekt 300mal mehr als Kohlendioxid.
Ein weiterer Streitpunkt zwischen UBA und Bauernvertretern: Nach Erkenntnissen des Umweltbundesamtes kann Raps in Deutschland nur auf einer Fläche von etwa 1,2 Millionen Hektar pro Jahr angebaut werden. Diese Zahl ergibt sich aus den klimatischen Bedingungen und dem notwendigen Fruchtwechsel auf den Feldern. Der DBV errechnete hingegen fast die doppelte Fläche.
Das Interesse des Bauernverbandes an größeren Rapsflächen läßt sich leicht erklären: Je größer die potentielle Anbaufläche, desto mehr Geld können die Bauern mit den „nachwachsenden Rohstoffen“ verdienen, und desto mehr Subventionen wird der Staat an die notleidende Landwirtschaft ausschütten. DBV-Vertreter Bertram: „Wir brauchen eine neue Absatzschiene“, weil sich in Zukunft mit Lebensmitteln nicht mehr soviel Geld machen läßt wie bisher. Denn die Europäische Gemeinschaft setzt die Stillegung von Flächen durch und senkt die Erzeugerpreise. Der Deutsche Bauernverband und Bundeslandwirtschafts- Minister Ignaz Kiechle wollen den Bauern die nachwachsenden Rohstoffe deshalb als Ausgleich anbieten — doch mit einer Studie macht das Umweltbundesamt einen dicken Strich durch diese Rechnung.
UBA-Wissenschaftler Friedrich sieht auch nach der Intervention der Bauernlobby keinen Anlaß, die Ergebnisse zu ändern. „Wir werden ein paar Punkte schärfer herausarbeiten, um die Arbeit wasserdicht und für alle verständlich zu machen.“ Endgültig soll das umstrittene Werk jetzt im Herbst veröffentlicht werden.
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