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Bürgerschaftsdiäten = 10 X Sozialhilfe

■ Vereinigung zur Förderung des Petitionsrechts will Verfassung ändern

Die Bremer Vereinigung zur Förderung des Petitionsrechts in der Demokratie möchte die Abgeordnetendiäten neu festsetzen. Ihr Vorschlag: Die Vergütungen sollten an die Sozialhilfe gekoppelt werden. Das 10-fache des Regelsatzes, der derzeit bei 511 Mark monatlich liegt, hält die Vereinigung für angemessen. Sitzungsgelder und Aufwandspauschalen sollten entfallen, 5110 Mark monatlich für die Mandatsausübung seien ein gutes Gehalt, findet Horst Frehe, der frühere grüne Bremer Bürgerschaftsabgeordnete: „So schaffen wir eine Verbindung zwischen den Diskussionen um die Erhöhung des Sozialhilfesatzes und den peinlichen Debatten um die Diätenerhöhungen.“

Mit Gesetzeskommentaren und juristischen Handbüchern bewaffnet hat die Vereinigung zur Förderung des Petitionsrechts die Bremische Landesverfassung studiert und zahlreiche Änderungsvorschläge erarbeitet. Die Rechte des einzelnen Abgeordneten möchte die Vereinigung ausbauen: Den Fraktionszwang abschaffen und jedem Abgeordneten das Recht geben, sich auf die Tagesordnung zu setzen. „Wenn das bei hundert Abgeordneten in der Bürgerschaft nicht möglich ist, müssen das eben weniger werden“, meint Vereinsvorsitzender Reinhard Bockhofer. Jeder Abgeordnete müsse außerdem das Recht haben, jede Petition zu lesen, wenn er das wolle, und Abgeordnete müssen Zugang zu behördlichen Informationen haben, findet die Vereinigung.

Wir wollen die Verfassungsrechte minderheitenfreundlicher gestalten“, sagt Horst Frehe. Deswegen will die Vereinigung vor allem die Quoren für Volksinitiativen und Volksentscheide senken. 5000 Stimmen, die nicht an die Wahlberechtigung gebunden sein müssen, müßten für eine Volksinitiative ausreichen, findet die Vereinigung. Für einen Volksentscheid hält sie das Quorum von 25.000 Wahleberechtigten, das entspricht fünf Prozent der Bremer Wahlbürger, für ausreichend. Hoch genug auch, „um unsinnige Volksbegehren abzuwehren“, glauben die Vereinsmitglieder. Das Argument, wenn das Volk entscheiden dürfte, würde die Todesstrafe wieder eingeführt und Asylanten oder Junkies würden rücksichtslos verdrängt, möchte die Vereinigung nicht gelten lassen. Vereinsmitglied Eberhard Ludewig glaubt, wenn die BürgerInnen aus der Entmündigung entlassen würden, sei das ein gutes Gegengift „gegen die entsetzlichen Töne, die wir jetzt auf den Bürgerversammlungen hören“. Auch der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Roman Herzog, habe sich kürzlich dafür augesprochen, die BürgerInnen stärker an politischen Entscheidungen zu beteiligen.

„Zwischen Wahl und Volksentscheid muß es noch mehr Beteiligungsmöglichkeiten geben“, fordert die Vereinigung. Petitionsverfahen müßten von Parlament und Senat ernster genommen werden. Bockhofer hält es für bezeichnend, daß in sich die BügerInnen in Bremen mit ihren Kümmernissen nicht an die Bürgerschaft sondern an den Senat wenden.

Den Absatz 2 des Artikels 21: „Die Bestätigung eines Todesurteils bleibt dem Senat vorbehalten“, findet die Vereinigung „irritierend“ und möchte ihn aus der Landesverfassung gestrichen wissen. Daß die BremerInnen bei der Ausarbeitung der neuen Bremischen Verfassung erst am Schluß gefragt würden, wenn der Volksentscheid ansteht, stört die Vereinigung. Ihre Vorschläge zur Verfassungsänderung reichte sie der Bürgerschaft gestern als Petition ein. dir

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