: Erdgasantrieb statt schwarzer Wolken
■ BVG probt ab nächstem Jahr Erdgas-getriebene Busse/ »Große Gelbe« verursachen ein Fünftel aller krebserregenden Dieselrußpartikel in Berlin
Berlin. Umweltbewußtsein bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG). Das Nahverkehrsunternehmen will seine Flotte von derzeit 2.000 Bussen vom Diesel- auf Erdgasantrieb umstellen. Die »großen Gelben«, die nach Schätzung der Umweltverwaltung in der Stadt zur Zeit ein Fünftel des krebserregenden Dieselrußes verursachen, sollen künftig die Luft sehr viel weniger verpesten. Zunächst muß sich die umweltfreundliche Antriebstechnik jedoch im strapaziösen Berliner Stop-and-Go- Stadtverkehr bewähren. Die BVG will ab kommendem Jahr drei bis vier Erdgas-Busse testen. Einer der Busse, der sich äußerlich nur durch einen Erdgas-Schriftzug von seinen Diesel-getriebenen »Brüdern« unterscheidet, wurde gestern der Öffentlichkeit vorgestellt.
Seine Verwaltung unterstütze und finanziere den zweijährigen Probebetrieb im Rahmen der Möglichkeiten, erklärte gestern Verkehrssenator Herwig Haase (CDU) auf einer Pressekonferenz, die gemeinsam mit Vertretern des BVG-Stammlieferanten »MAN« veranstaltet wurde. Die bayerische Nutzfahrzeugfirma exportiert bereits Nahverkehrsbusse mit Erdgasmotor in alle Welt. Im Jahr 1994 soll dann die Zahl der sogenannten CNG-Busse (Compressed Natural Gas) im Testbetrieb auf dreißig bis vierzig erhöht werden. Haases Unterstützung kommt nicht ganz freiwillig: Aufgrund der geplanten Alarmwerte, die der Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) dieses Jahr festlegen will, muß Berlin die Dieselrußwerte in der Luft erheblich reduzieren.
Die Schadstoffwerte von Motoren wolle der Gesetzgeber zum Ende des Jahrhunderts stark reduzieren, sagte der Senator und betonte, daß der verwendete Antrieb — ein Ottomotor mit vorgeschaltetem Dreiwegekatalysator — schon heute die diskutierten Emissionswerte erreichen würde. Untersuchungen des Umweltbundesamtes ergaben erstaunlich niedrige Schadstoffwerte beim Erdgasantrieb: Die Rußpartikel sind um 98 Prozent geringer als bei Diesel-Bussen in der Stadt. Der Kohlenwasserstoffausstoß sank um rund 65 Prozent, die Stickstoffoxid- und Kohlenmonoxidemissionen gingen um 70 und 80 Prozent zurück.
Sollte die BVG ihre Busse umrüsten, müßte sie betriebliche Nachteile in Kauf nehmen. Ein höherer Energieverbrauch von rund einem Viertel schränke die Wirtschaftlichkeit der Busse ein, hieß es von seiten der »MAN«. Auch die Reichweite sei auf 250 Kilometer begrenzt, dann müßten die Busse eine Erdgas-Tankstelle anfahren. Durch die stählernen Druckbehälter, in denen der gasförmige »Sprit« 200fach verdichtet sei, werde das Eigengewicht der Fahrzeuge erheblich erhöht. Ein Öko-Bus wiege gegenüber einem Diesel-Bus 450 bis 600 Kilo mehr.
Bleibt das Problem der Tankstellen. Die müßten auf den BVG-Betriebshöfen eingerichtet werden. Laut Haase ist geplant, die erste davon auf dem Ostberliner Betriebshof an der Indira-Gandhi-Straße in Weißensee einzurichten. Die Wahl erfolgte nicht zufällig: In der Nähe verläuft ein dickes Erdgasrohr. Das hat aber nur einen Druck von drei bis sechs Bar. Eventuell muß deshalb eine Zusatzleitung gelegt werden, erläuterte BVG-Chef Konrad Lorenzen, »um den Bürgern nicht das Gas aus dem Herd zu saugen«.
Letztendlich rechnet sich der Erdgas-Betrieb aber nur, wenn es für das Gas eine Mineralölsteuerbefreiung gibt. Haase hat deshalb den Finanzsenator gebeten, sich bei seinem Bonner Kollegen für dieses Anliegen einzusetzen. Der Verkehrssenator glaubt, daß die Steuerbefreiung kommt. Thomas Knauf
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