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Moratorium in der Bauernstraße

■ Drogenstreit im Viertel: Anwohner warten auf Sondersitzung des Senats

Gemischte Gefühle in der Bauernstraße: Einerseits spitzt sich die Lage rund um die Drogenberatungsstelle weiter zu, andererseits herrscht unter den Anwohnern gespannte Erwartung. Eine Gruppe hatte die Klage auf Schließung der Drobs angedroht. Das Bauressort prüft noch, aber die Sozialsenatorin hat reagiert: In einem Brief an den Anwalt der Klagegemeinschaft weist Gunter Treber, Mitarbeiter aus dem Sozialressort, die Argumente der Anwohner zwar zurück, gleichzeitig wirbt er aber auch für das drogenpolitische Sofortprogramm: „Einen zentralen Punkt wird dabei die beabsichtigte ... Regionalisierung der Drogenberatungsstelle einnehmen.“ Am 22. September beschäftigt sich der Senat mit dem Sofort-Programm.

Diesen Senatstermin will die Klagegemeinschaft nun abwarten. „Wir haben so lange gewartet, jetzt kommts auf die paar Tage auch nicht mehr an“, meinte einer der Kläger gestern. Unterdessen hat sich die Lage rund um die Drobs noch einmal verschlechtert. Schritt für Schritt werden die Rückzugs-Nischen der Junkies dichtgemacht. Umso mehr wird die Drobs zum einzigen Treff. Einer der Anwohner, der seinen Namen aus Furcht vor Reaktionen aus der Szene lieber nicht in der Zeitung sehen will: „Hier lagern 20, 30 Leute auf dem Bürgersteig und das geht jetzt bis in die Nacht.“

Mit der angestrebten Dezentralisierung rennt die Behörde bei den Anwohnern offene Türen ein. Und doch bleibt eine gehörige Portion Skepsis. Rainer Kulenkampff, Anwalt der Klägergemeinschaft: „Meine Klienten befürchten, daß zwar die Beratung in die anderen Stadtteile kommt, nicht aber die niedrigschwelligen Angebote und die medizinische und hygienische Grundversorgung.“ Noch ist nicht entschieden, wie das Dezentralisierungskonzept genau aussehen wird. Die ersten Konturen zeichnen sich allerdings schon ab. Das neue Methadonprogramm für stark verelendete Junkies und Drogenprostituierte soll von vornherein in verschiedenen Stadtteilen betreut werden, erzählte Anton Bartling, Chef der Drobs. Die Dezentralisierung der niedrigschwelligen Angebote vom Mittagessen bis zur Waschmaschine sei noch in der Diskussion. Nach Bartlings Vorstellungen sollten diese Dienstleistungen bei den neu zu schaffenden Unterkünften angeboten werden, wobei in der Drobs auch weiterhin Mittagessen angeboten werden soll. Problematisch ist die Frage der medizinischen Grundversorgung: Die Notfallambulanz in der Drobs soll erhalten bleiben, und Vorstellungen für weitere Versorgungsstützpunkte existieren kaum. Bartling: „Aber ich könnte mir schon vorstellen, daß der sozialpsychiatrische Dienst die regionale Versorgung übernimmt.“ J.G.

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