: Adieu, Freimut Duve!
■ betr.: "Flucht aus der Wirklichkeit", taz vom 10.9.92
betr.: „Flucht aus der Wirklichkeit“, taz vom 10.9.92
Der notwendige und begrüßenswerte Demonstrationsaufruf von Micha Brumlik muß wirklich nicht den „Abschied“ der „Intellektuellen“ aus der Nachkriegsgeschichte einleiten. Aber warum nimmt Freimut Duve das Thema zum Anlaß, sich zu verabschieden? Seinen Abschied leitet er ein mit der These von den „schwachen Staaten“. Hört er weg, wenn amnesty international jährlich zusammenzählt, wie viele dieser „schwachen Staaten“ weiterhin foltern und die Opposition verfolgen?
Sein Abschied liegt in dem diabolischen Wort von der „Präzisierung des Asylrechts“. Der Parlamentarische Rat hat bewußt verschiedene „Präzisierungs“-Versuche zurückgewiesen, weil er wußte, daß sie das Grundrecht wertlos machen. Die dort zurückgewiesenen Beschränkungsversuche hat in den letzten Jahren die Rechtsprechung nach und nach eingeführt durch den Ausschluß von Exilpoltikern, Flüchtlingen, die vorher in anderen Ländern waren, und „Gewalttätern“ vom Asylrecht. Dies geschah aber alles im Rahmen der Bindung an den Wortlaut des Grundrechts. Mit seiner Änderung kann es jetzt nur noch um die Beseitigung des individuellen Grundrechts gehen. Wer mit dem Wort von der „Präzisierung“ darüber hinwegtäuscht, verabschiedet sich aus der Solidarität mit den politisch Verfolgten. Hanswerner Odendahl,
Rechtsanwalt, Köln
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