: Sachsen-Anhalts Innenminister soll weg
Magdeburg (taz) — Heftige Kritik mußte sich Sachsen-Anhalts Innenminister Hartmut Perschau (CDU) gestern bei einer aktuellen Debatte im Magdeburger Landtag zu den ausländerfeindlichen Krawallen in Quedlinburg anhören. Gescholten wurde er besonders für die Entscheidung, die AsylbewerberInnen aus dem Ort zu evakuieren. „Während Ihr sächsischer Kollege die Wohnungen der Rechtsradikalen durchsuchen läßt, fahren Sie die Asylbewerber durch die Gegend“, kritisierte der Fraktionsvorsitzende von Bündnis90/Grüne, Hans-Jochen Tschiche. „Damit geben Sie im nachhinein der rechtsradikalen Gewalt recht.“ Tschiche forderte Perschau auf, aus politischem Anstand heraus die Konsequenz zu ziehen und zurückzutreten. Auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Reinhard Höppner forderte den Rücktritt des Innenministers. Die Verlegung der AsylbewerberInnen, so Höppner, ermuntere die gewalttätigen Ausländerfeinde, sich jetzt das nächste Heim vorzunehmen. In die Kritik an Perschau stimmte auch die PDS ein.
Gegen die Einsatzleitung der Polizei und gegen den Innenminister liegen inzwischen mehrere Strafanzeigen wegen unterlassener Hilfeleistung vor. Die Polizei war in der Nacht zum Freitag nicht eingeschritten, als eine Mahnwache aus Quedlinburger BürgerInnen vor der Asylbewerberunterkunft aus der Menge der Schaulustigen heraus mit Steinwürfen angegriffen wurde. Perschau selbst rückte vorsichtig von der Entscheidung der Einsatzleitung ab, hinter die er sich noch vor wenigen Tagen ohne Vorbehalte gestellt hatte. „Auch erfahrene Leitungsbeamte machen Fehler“, sagte der Minister. „Dann gleich die Forderung nach dem Rücktritt des Innenministers zu stellen ist etwas einfach.“ Eberhard Löblich
Europaparlament besorgt
Straßburg (AFP) — Das Europaparlament in Straßburg hat gestern die ausländerfeindlichen Ausschreitungen in Deutschland scharf verurteilt. Zugleich bekräftigten die Abgeordneten ihre Forderung nach einer gemeinsamen Asyl-, Zuwanderungs- und Flüchtlingspolitik der EG. An die Bonner Regierung und die Landesregierungen von Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg richtete das Parlament die Aufforderung, „konkrete Maßnahmen“ zu ergreifen, um die Sicherheit der Asylbewerber zu gewährleisten. Die zuständigen Behörden müßten „unverzüglich Sofortmaßnahmen“ zur Eindämmung der Gewalt gegen Ausländer vorbereiten, heißt es in einer mit großer Mehrheit angenommenen Resolution. Die EG und ihre Mitgliedsstaaten müßten rasch eine Harmonisierung der Asylpolitik und ein einheitliches Visum vorbereiten, wie dies im Vertrag von Maastricht vorgesehen sei. Sprecher der wichtigsten Fraktionen verurteilten zwar die Gewalttaten gegen Asybewerber in Deutschland und insbesondere den Applaus, mit dem die Bevölkerung oft auf die Ausschreitungen reagierte. Zugleich zeigten sie aber auch Verständnis für die besondere Situation der Bundesrepublik.
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