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Spießergift

■ Eva Matthes im "Blauen Engel" / Jähes Ende eines erfolgreichen Spektakels

im „Blauen Engel“/ Jähes Ende eines erfolgreichen Spektakels

Als Regisseur Josef von Sternberg 1930 das Revue-Girl Marlene Dietrich zur Lola Fröhlich in seinem Film Der blaue Engel machte, schlugen seine Kollegen die Hände über dem Kopf zusammen. Was folgte, ist bekannt und längst Filmgeschichte. Eva Matthes' Besetzung als Lola Fröhlich ist dagegen die Folge der Erkrankung ihrer Kollegin, Revue-Star Ute Lemper, nach der Berliner Premiere. Die aus der Not geborene Umbesetzung wollte auch das Hamburger Schauspielhaus, das die Revue Der blaue Engel mit dem Berliner Theater des Westens koproduzierte, dem Publikum nicht vorenthalten. In der glänzend bunten Kulisse des von Jerome Savary und Peter Zadek inszenierten Spektakels gibt die Matthes im Gegensatz zur Lemper nicht den glamourösen Revue-Star und verkörpert nicht die übermenschlich weiblichen Proportionen des Gifts, aus dem Spießerträume von verruchten Frauen gestrickt sind. Als leichtgeschürzte Muse blendet sie die Männerwelt nicht durch Artistik, sondern kuschelt sich in einer Melange aus einem Vamp zum Anfassen und sehnsüchtiger Waise an den runden Professor Rat in Gestalt von Ulrich Wildgruber.

Trotz einhelliger Verrisse der Theaterkritik war das Hamburger Publikum ebenso wie über die Lemper auch über die Matthes-Version der Lola, die noch bis zum 30. September zu sehen ist, begeistert. Vom 1. bis 4. Oktober ist noch mal Ute Lemper dran. Obwohl bereits alle Vorstellungen ausverkauft sind, wird die Produktion nicht wieder aufgenommen und nicht auf Tournee gehen. So verschwindet mit diesem Blauen Engel eine superteuere Staatstheaterproduktion in der Versenkung, die dem Publikum gefällt, die Theaterkasse füllt und unvergleichlich interessantere Unterhaltung ist als das, was dem Hamburger Publikum seit Jahren (!) im Operettenhaus und im Theater an der Stresemannstraße geboten wird. jk

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