piwik no script img

KOMMENTARSelbstdarstellung

■ Für wen war der Kongreß zur Stadterneuerung?

Zufall war es nicht, daß der riesige Saal, in dem der Kongreß zur Stadterneuerung tagte, halbleer vor sich hin gähnte. Die (West-)Experten waren so gut wie unter sich mit ihrem Planerchinesisch, ihren bekannten Klagen und bekannten Statistiken. Und das, obwohl die Veranstaltung annonciert und öffentlich war.

Hat sich der Kongreß an »normale Betroffene« gerichtet? Die, wären sie da gewesen, hätten bald gefragt: Was hat das mit mir zu tun? Ich kann sowieso nichts machen, um den Mieterhöhungen, den Schließungen der Kindergärten, den bröckelnden Dächern und den tropfenden Wasserhähnen zu entgehen, wenn selbst die Experten unter den nicht zu ändernden Bundesgesetzen und den landeseigenen Sachzwängen unterzugehen drohen. Selbst die Bürgerinitiativen mochten sich, nachdem sie ihr Meerschweinchen abgeliefert hatten, nicht mehr an der Diskussion beteiligen.

War die Veranstaltung an ein Fachpublikum gerichtet? Dann wurde es nicht gut bedient. Die interessanten Fragen wurden nur angeschnitten und gleich von der Moderation abgewürgt, höchstens im Flur im Zweiergespräch erörtert. Wie verhindert man Dachgeschosse, die Zweckentfremdung, also Wohnraumvernichtung, nach sich ziehen? An welchen verwaltungsinternen Problemen scheitert die raschere Klärung der Eigentumsverhältnisse? Wie hoch werden die Modernisierungsmieten sein — in Mark und Pfennig, bitte. Wie verhindert man Umwandlungen? Und mit welchen Rechtsinstrumenten will der Bausenator — wie hoffentlich nicht nur angekündigt — Planungsgewinne abschöpfen?

Statt dessen wurden über Stunden Statistiken und Tabellen vorgetragen, die man ebensogut und zeitsparend als Tagungsunterlage hätte verteilen können, wenn nicht sogar bei einem Fachpublikum als bekannt hätte voraussetzen können. So diente die Tagung vor allem der Selbstdarstellung der Planerchinesen. Ein Tip: Die läßt sich auch im »Stadtforum« befriedigen. Eva Schweitzer

Siehe auch Bericht auf Seite 30

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen