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MIT DER BUNDESPOST AUF DU UND DUTelekom ohne Gewinn

■ Zwangsabgaben an Post und Bund zehren an Substanz

Bonn (AP/dpa/taz) — Die Deutschen telefonieren so viel wie noch nie und lassen bei der Telekom die Kassen klingeln. Doch der Post- Tochter, zuständig für das Fernmelde- und Telekommunikationswesen, nützt das offensichtlich herzlich wenig: Die weist für das Geschäftsjahr 1991 erstmals keinen Gewinn aus. Der Grund: Die sprudelnden Einnahmen werden durch den Verlustausgleich für die defizitäre Briefpost, die Postbank und die Zwangsabgaben an den Bund vollständig aufgezehrt. Telekom-Vorstandsvorsitzender Helmut Ricke konnte auf der gestrigen Bilanzpressekonferenz lediglich konstatieren, auch in diesem Jahr werde nach den Abzügen kein Pfennig übrigbleiben.

Um die Lage des Unternehmens zu verbessern, forderte Ricke eine Aufstockung des Eigenkapitals um 20 Milliarden Mark, wofür eine Umwandlung der Telekom in eine Aktiengesellschaft und eine Teilprivatisierung nötig sei. Die gewaltigen Investitionen in den neuen Bundesländern, die Ablieferung von zehn Prozent vom Umsatz an den Bund und der Finanzausgleich zugunsten der Schwesterunternehmen hätten die Telekom an die Grenzen ihrer Belastungsfähigkeit getrieben.

Die Eigenkapitalquote der Telekom sank von 29,8 Prozent im Jahr 1990 auf 27 Prozent — im Poststrukturgesetz empfohlen werden hingegen 33 Prozent. Günstigste und einzige Quelle für neues Kapital: der internationale Aktienmarkt. Wenn es nach Ricke und seiner Crew ginge, würde das Unternehmen schnellstmöglich an die Börse gebracht.

Die Telekom erzielte im Jahr 1991 einen Umsatz von 47,2 Milliarden Mark — nach 40,6 Milliarden im Jahr zuvor. Nur rund drei Milliarden Mark wurden davon in Ostdeutschland erwirtschaftet. Ricke gestand jedoch ein, daß es beim Aufbau des Telekommunikationsnetzes in Ostdeutschland erheblich interne Probleme gebe. Die Telekom zählte 1991 im Osten lediglich 550.000 Teilnehmer, noch immer türmen sich Berge von Anschlußaufträgen. Allein 40,8 Milliarden Mark des Umsatzes konnten mit dem Telefondienst erzielt werden. Mit einem Ertrag von rund 7,3 Milliarden Mark sei die Effizienz der Telekom mit Industrieunternehmen durchaus vergleichbar, sagte Finanzvorstand Joachim Kröske. An den Bund wurden 4,6 Milliarden Mark abgeliefert, an Steuern 317 Millionen Mark bezahlt. Vom Finanzausgleich von 2,3 Milliarden Mark gingen zwei Milliarden Mark an den Postdienst und 300 Millionen Mark an die Postbank.

Die Telekom beschäftigte 1991 im Durchschnitt 229.000 Mitarbeiter, davon 38.500 in den neuen Bundesländern. es

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