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Stolpe warnt vor »neuem Auschwitz«

■ Reaktionen auf den Brand in Sachsenhausen: Brandenburgs Kulturminister entschuldigt sich für »Barbarei«/ Berliner SPD will Großdemo gegen Rassismus

Potsdam/Berlin. Inzwischen gibt es keinen Ermittlungsbeamten, keinen Politiker mehr, der den Brand im ehemaligen Konzentrationslager Sachsenhausen für einen Zufall hält. Die offizielle Bestätigung für ein Attentat ist nur noch eine Frage von Stunden. Drei Tage nach dem Brand liefen gestern die ersten Stellungnahmen der Politiker ein. Zur Mahnwache vor Ort am Sonntag hingegen war nicht ein Politiker erschienen.

Brandenburgs Innenminister Alwin Ziel (SPD) kündigte eine Pressekonferenz an der Brandstätte an, »damit vor aller Welt gesagt wird, was wir von solchen furchtbaren Anschlägen halten«. Brandenburgs Kulturminister Hinrich Enderlein (FDP) hat sich für die »Barbarei« von Sachsenhausen bei den Angehörigen der Opfer und allen Juden und Israelis entschuldigt. Mit der »abwartenden Toleranz« gegen nazistisches Gedankengut müsse Schluß sein, »der Ungeist von 1933 ist wieder da«, sagte er. Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) meinte, daß ein »hartes, klares Nein« der Politiker nicht ausreiche. Der Brand in Sachsenhausen müsse auch den Letzten wachrütteln. Gefordert sei Mut und gemeinsames Handeln der Bevölkerung. Stolpe warnte vor »einem neuen Auschwitz«. Mit »tiefer Erschütterung und Betroffenheit« hat auch die brandenburgische CDU-Landtagsfraktion den Brand im »jüdischen Museum« aufgenommen. CDU-Landesvorsitzender Ulf Fink forderte eine »parteiübergreifende Aktion« gegen Antisemitismus und Rechtsradikalismus.

Berlins Regierender Bürgermeister Diepgen (CDU) hingegen blieb vorsichtig. Der Brandanschlag sei ein Werk von Minderheiten. »Das Deutschland des Jahres 1992 ist nicht mit dem vergleichbar von 1933.« Die Beschäftigung mit dem Rechtsextremismus sei aber keine ausschließliche polizeiliche Aufgabe. In einem Brief an Ignatz Bubis, Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland, äußerte er seine »Empörung und Bestürzung«. Die SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus möchte es nicht bei Briefen belassen, sondern auf die Straße gehen. Ihr Fraktionsvorsitzender Staffelt schlug vor, ein »unüberhörbares Signal« zu setzen. »Die deutsche Hauptstadt« sei »der geeignete Ort, um mit einer Großdemonstration gegen Ausländer- und Judenhaß der Welt und auch den Ewiggestrigen zu zeigen, wo dieses Land steht«. Kultursenator Roloff-Momin sieht bisher als einziger Politiker einen Zusammenhang von Anschlägen auf jüdische Gedenkstätten und Ausländer. Es zeige sich jetzt »eine braune Welle von Aktivitäten«, die nicht mehr unter den Begriffen wie »Provokation« oder »Jugendsünden« zu fassen sind. Diesen Zusammenhang betonte auch Jerzy Kanal, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde von Berlin. »Wir waren immer der Meinung, daß jeder Angriff auf Ausländer auch in Richtung Juden geht.« Das ist auch die Meinung des Jüdischen Kulturvereins, der seit Monaten immer wieder die ausländerfeindlichen Exzesse mit der aktuellen Asyldebatte verknüpft. Sprecherin Irene Runge: »Die Politiker haben keinen historisch-politischen Sachverstand. Jetzt fallen sie aus allen Wolken und sind über ihr Ansehen in der Welt beunruhigt. Sie sehen nicht, daß Deutschland am Scheideweg steht.« aku

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